Redensarten-Slam:Nicht so gut, Herr Specht

Lars Ruppel liest gereimte Reflexionen zu unseren liebsten Redensarten: Mein lieber Herr Gesangsverein, die Waldfee holt die Kuh vom Eis.

Von Jens Bisky

Seit Jahren zieht Lars Ruppel als Slam- Poet durch die Lande, und was er sagen will, das sagt er gereimt. Hier hat er sich Redensarten vorgenommen, "nicht schlecht, Herr Specht", "Brat mir doch einer 'nen Storch" und so. Jede Redensart - ein Anlass für eine höchstens achteinhalb Minuten lange Alltagsgeschichte. Sie hat immer eine lockere Form, sie hat manchmal eine niedliche Moral - und sie langweilt oft. Es muss ein übelwollender Geist gewesen sein, der Lars Ruppel zur Autorenlesung vor dem Mikrofon überredet hat. Vor Publikum können Artikulationsunsicherheiten, die schief sitzenden Vokale, holpernden Endungen charmant wirken, bei einer Studiolesung drängen sie sich leider in den Vordergrund. Und die Reime sind viel zu vorhersehbar und zu brav, um davon abzulenken. Verglichen damit wirkt Heinz Erhardt wie ein Anarcho-Punk: "alle Kinder solln sie hören / dafür hat man sie erdacht/ dass die Angst die bösen Kinder/etwas umgänglicher macht". Alter Schwede, so reimt man doch höchstens bei Hempels unterm Sofa.

Lars Ruppel: Mein lieber Herr Gesangsverein, die Waldfee holt die Kuh vom Eis. Slam-Poetry über Redensarten. Random House Audio, München 2017. 2 CDs, ca. 130 Minuten, 14,99 Euro.

© SZ vom 21.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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