Rap:Gerangel am Platz des Blumentopfs

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"Moop Mama" in der zweifach ausverkauften Muffathalle.

Von Dirk Wagner, München

"Kennt noch jemand Blumentopf?", fragt Keno Langbein, Rapper der ebenfalls aus München stammenden Urban Brass-Formation "Moop Mama". Immerhin hat die vor kurzem aufgelöste Hip Hop-Legende noch ein letztes Mal auf dem aktuellen Moop Mama-Album "M.O.O.P. Topia" mitgewirkt. Verschwörungstheoretiker vermuten in jener Zusammenarbeit die Motivation zur Auflösung, scherzt Keno, der dann vollmundig postuliert, dass Moop Mama nun das Erbe antritt. Schließlich feiert Moop Mama ihren Tournee-Abschluss in einer gleich zweimal hintereinander ausverkauften Muffathalle.

Für Veranstalter Ralf Binder vom Muffatwerk ist das übrigens eine erstaunliche Entwicklung, mit der vor Jahren niemand gerechnet hätte, dass nämlich Konzerte von Münchner Musikern wie aktuell Impala Ray, die Sportfreunde Stiller und eben Moop Mama bei ihm ausverkauft sind. Soviel also zur Standortdiskussion, laut der Pop aus der bayerischen Landeshauptstadt gegenüber der Musik aus anderen, vermeintlich hipperen Städten benachteiligt sei. Zumindest innerhalb der Stadtmauern ist das Selbstbewusstsein der hiesigen Musikszenen jedenfalls gestiegen.

Mit Blick auf - die immer maskiert spielenden - Moop Mama aus gutem Grund. Deren Kombination aus Rap und Blasmusik ist womöglich weltweit einzigartig. Wobei das nicht den Erfolg der Band begründet, die mit unangemeldeten Auftritten auf der Straße schon wiederholt die Frage formulierte, wem eigentlich der sogenannte öffentliche Raum gehöre. Was diese Formation auszeichnet, ist ein extrem hohes musikalisches Niveau, das die klugen Texte des mittlerweile nach Hamburg gezogenen Rappers Keno sogar noch überbietet. Die polyfonen Arrangements der Bläser erinnern auch mal an das exzellent besetzte Londoner Blechbläserkammermusik-Septett "Septura". Würde man also den Rap weglassen, würde die Musik des Bläserensembles um den Saxofonisten Marcus Kesselbauer die Möglichkeiten einer Blasmusik von Jazz bis Klassik aufzeigen.

Raffiniert mit einigen auf Basstrommel und Snaredrum gespielten Rhythmen gewürzt, sowie vom großartigen Bass des Sousafon-Spielers Peter Laib angetrieben, gerät die Musik zur groovenden Popmusik, über die Keno wortgewitzt Missstände anzuprangern weiß. Darum startet die Band das Konzert mit der intensivsten Nummer ihres neuen Albums, mit "Meermenschen": "Denen, die soviel erzählen, steht das Wasser selten bis zum Hals", kommentiert Keno darin aktuelle Diskussionen über geflüchtete Menschen. Selbstkritisch reflektiert er dabei auch die eigene Position: "Doch ich kann lang hier stehen und reden. Und am Ende kommt's nur auf die Taten an." Unterhaltungsmusik, die der Verdummung entgegenwirkt, statt Zuhörer als Konsumenten zu entlassen, ist schon mal eine gute Tat, an die man Moop Mama ruhig messen darf.

© SZ vom 19.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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