Pop:Hyäne Fischer

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(Foto: Sreenshot Youtube/Hyäne Fischer)

Von Sonja Zekri

Es ist nicht nur möglich, sondern sogar sehr wahrscheinlich, dass es eine Sängerin namens "Hyäne Fischer" nicht gibt, jedenfalls nicht als reale Person, die für Österreich zum Eurovision Song Contest im nächsten Jahr nach Israel fahren möchte. Obwohl "Hyäne Fischer" das in ihrem Videoclip "Im Rausch der Zeit" schreibt, ganz ausdrücklich, "Zum Eurovision Song Contest für Österreich" steht am Ende, und davor sieht man, was der Wiener Standard eine "rurale Burleske" nennt: Gnadenlos ondulierte Eva-Braun-Lookalikes in Loden kosen Jagdhunde, trinken Sekt vor kolossalen Bergpanoramen und singen auf Hochdeutsch Verse wie diese: "Siehst du den Nebel in den Bergen steh'n? Spürst du den Sturm? Er wird wieder vergeh'n. Hörst du den Wind? Er singt ein altes Lied." Indes: Die Autorin und Künstlerin Stefanie Sargnagel mag auf Twitter noch so werben ("Hyäne Fischer fährt zum ESC 2019 für Österreich und ,gwinnt uns den Schas!'") - beim ORF hat man von einer Sängerin dieses Namens nie gehört. Hyäne Fischer ist ein Kunstprodukt, mit größter Wahrscheinlichkeit eine Kreation der weiblichen Wiener "Burschenschaft Hysteria". Diese fordert - ebenfalls mit höchstem Realitätsanspruch - eine Einschränkung des Männerwahlrechts und besetzt mit Slogans wie "Ehre, Freiheit, Vatermord" die Räume der Rechten, um das "goldene Matriarchat" auszurufen. Dabei geben sie sich so humorlos und aggressiv, wie gewisse Männer sich Feministinnen vorstellen. Aber der Weg Hyäne Fischers zur österreichischen Sängerin Eva Jantschitsch alias Gustav ist ebenfalls nicht weit. Mit schauderhaften Volksliedern wie "Alles renkt sich wieder ein" schwärmt sie von der Sehnsucht nach der Katastrophe ("Ich will die Kinder weinen hören, die Mütter einsam sehen am Grab"), was ein ähnlich ungläubiges Entsetzen auslöst wie sonst Heinz-Rühmann-Filme: Schubidu trotz Auschwitz, ernsthaft? So gesehen hat Hyäne Fischer ihren Zweck längst erfüllt, denn wenn ein Chor aus Lagerkommandantinnen - oder Burschenschaftlerinnen? - den Refrain anstimmt und man dann einen Blick ins politische Österreich wirft, warum, ja, warum sollte es nicht denkbar sein, dass Österreich die Blitzmädels nach Tel Aviv schickt? Und für die Dauer dieses Gedankens hört man die Hyäne heulen.

© SZ vom 01.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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