Pop:Glanzlos

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Die Organisatoren der Brit Awards sind seit jeher so klug, neben einem Künstler auch eine "Künstlerin des Jahres" auszuzeichnen; diesmal Emeli Sandé. (Foto: Ian West/dpa)

Die Brit Awards machen im Gegensatz zu den Grammys vieles richtig. Und wie steht es um die Qualität?

Von Jens-Christian Rabe

Es war längst überfällig, aber es passt auch bestens in die Zeit: Große Popmusik-Preise werden nicht mehr nur als Entertainment-Spektakel zur Kenntnis genommen, sondern immer stärker auch als Gradmesser zum Stand von sozialer Integration und gesellschaftlicher Vielfalt betrachtet. Wirklich überzeugend präsentieren sie sich dabei allerdings noch nicht (am leichtesten ließe sich das Problem übrigens lösen, wenn die künstlerische Qualität für die Preiswürdigkeit ausschlaggebend wäre, aber das ist eine ganz andere Geschichte).

Bei den diesjährigen Grammys vor zwei Wochen gewann die drei wichtigsten Preise die weiße britische Sängerin Adele, obwohl die schwarze Sängerin Béyonce mit ihrem Album "Lemonade" und dem Song "Formation" die in jeder Hinsicht bessere Musik im Gepäck hatte. Immerhin bekam der schwarze Chance The Rapper den Grammy als "Bester neuer Künstler".

Bei den diesjährigen Brit Awards wiederum, den nach den Grammys zweitwichtigsten Musikpreisen der Branche, die am Mittwochabend in London trotz vieler Stars verblüffend glanzlos über die Bühne gingen, hatte die Diskussion immerhin bei den Nominierungen Spuren hinterlassen. Die Netz-Kampagne #Britssowhite hatte die Veranstalter offenbar sensibilisiert, und so wurde im Vorfeld stolz vermeldet, dass der Anteil von sogenannten BAME-Angehörigen unter den Nominierten, also der Anteil von Mitgliedern nicht-weißer Minderheiten, bei immerhin 17 Prozent lag - und der Frauenanteil sogar bei 48 Prozent. Wobei die Brits-Macher seit jeher so klug sind, nicht nur einen Künstler, sondern auch eine Künstlerin des Jahres auszuzeichnen.

Mit der Sängerin Emeli Sandé war die dann wenigstens auch noch schwarz. Die Preise für das "Britische Album des Jahres" und den "Künstler des Jahres" gingen an den verstorbenen David Bowie. Und auch der Rest war nahezu perlweiß, die drei mehrfach nominierten Grime-Künstler Stormzy, Skepta und Kano gingen leer aus. Bester Neuling wurde Rag'n'Bone Man, beste Band The 1975. Die Boygroup One Direction bekam den Preis für das beste britische Video. Sämtliche Brit-Awards, die an internationale Künstler verliehen werden, gingen allerdings an schwarze Künstler: Beyoncé wurde Künstlerin des Jahres, der Rapper Drake bekam den "Male Solo Artist"-Preis, und A Tribe Called Quest wurde Gruppe des Jahres.

© SZ vom 24.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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