Piraterie via Livestream:Hollywood hat Angst

Lesezeit: 1 min

Nicht in Hollywood, sondern vor dem St. Mary's Hospital in London: Ein Nutzer sendet das Warten auf die Geburt des royalen Babys per Livestream in die Welt. (Foto: Getty Images)
  • Nutzer der Livestream-App Periscope, die Twitter gehört, können kostenlos per Smartphone verfolgen, wofür andere zahlen müssen.
  • Der TV-Sender HBO will die Verbreitung von urheberrechtlich geschütztem Material nun unterbinden.
  • Sollten auch andere Hollywood-Konzerne betroffen sein, könnte der Druck auf Twitter steigen.

Von David Steinitz

Als am Samstag in Las Vegas Floyd Mayweather und Manny Pacquiao einander im Boxring verdroschen, war das in der Theorie als ein sehr exklusives Bezahl-Event gedacht, an dem viele Menschen viel Geld verdienen wollten. Zahlen mussten für den Kampf die Zuschauer in der MGM Grand Garden Arena, zahlen mussten auch die Zuschauer des Pay TV-Senders HBO und seiner Lizenznehmer, wenn sie das Spektakel daheim anschauen wollten.

Gar nichts bezahlten hingegen die Zuschauer von Periscope. Das ist eine App, die es ihren Nutzern erlaubt, per Smartphone einen Livestream zu senden, der von jedem ihrer Twitter-Follower angesehen werden kann. Diverse Besucher in der Halle sendeten also kostenlose Streams des Kampfes, die von vielen Tausend Zuschauern draußen abgerufen wurden. Nicht nur über Periscope, sondern auch über die nach dem gleichen Prinzip funktionierende Konkurrenz-App Meerkat.

Piraterie als kostenloses Marketing

Speziell mit Periscope und dessen Inhaber Twitter aber liegt HBO jetzt im Clinch. Denn bereits der Start der heiß erwarteten fünften Staffel der Serie "Game of Thrones", eines von HBOs wichtigsten Hochglanzprodukten, war von Fans via Periscope gratis in die Welt gesendet worden. Ein bisschen verwackelt und verpixelt, aber qualitativ immer noch gut genug, um viele zahlungsunwillige Fans anzulocken.

Nun sind Raubkopien per Livestream kein ganz neues Phänomen. Aber die wütende Reaktion der HBO-Bosse, die Twitter vehement aufgefordert haben, die Verbreitung von urheberrechtlich geschütztem Material zu unterbinden, hat in der amerikanischen Unterhaltungsindustrie Signalwirkung. Weil der Sender HBO Piraterie in der Vergangenheit gar nicht als Problem, sondern als zusätzliche, kostenlose Marketing-Maßnahme betrachtet hatte.

Erst Periscope hat jetzt einen nervösen Perspektivwechsel auf die Internet-Piraten ermöglicht, wie Variety berichtet. Twitter hat als Antwort bislang nur verlauten lassen, dass man geistiges Eigentum durchaus als schützenswertes Gut betrachte und hoffe, die Periscope-Nutzer würden das auch so sehen. Sollten aber noch andere Hollywood-Konzerne in Mitleidenschaft gezogen werden, könnte der Druck auf das Unternehmen jetzt sehr schnell steigen.

Ironie der Geschichte: HBO selbst hat Periscope während des Boxkampfes verwendet, um live aus Manny Pacquiaos Umkleidekabine zu berichten.

© SZ vom 05.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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