Zum Tod von Peter Beard:Der letzte Dandy

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Peter Beard war Künstler und Naturschützer. Mit seinem Band „The End of the Game“ dokumentierte er 1963 das Artensterben in Kenia. Er fotografierte aber auch Mode und Stars. Wir zeigen eine Doppelseite aus „Peter Beard (Extra Large)“, das in diesen Tagen bei Taschen erscheint. (Foto: Peter Beard/Taschen)

Er kombinierte Fotografie, Tagebücher und Malerei, seine Welt war zu gleichen Teilen Pop-Art und Hemingway-Romantik. Der Künstler und Abenteurer Peter Beard ist gestorben.

Von Andrian Kreye

Als der Fotograf und Abenteurer Peter Beard seinen sechzigsten Geburtstag feierte in seinem Atelier, das wie bei so vielen Künstlern seiner Generation in New York eine dieser beneidenswert weitläufigen Fabriketagen aus den Gründerzeitjahren war, lief das später am Abend dann doch ein wenig aus dem Ruder. Der Hollywoodregisseur und der Hollywoodstar wollten das Supermodel, das auf einem Sofa in Tiefschlaf gefallen war, mit einem Sharpie bemalen. Peter Beard fand das nicht lustig. Ein Blick reichte und die Spaßvögel aus Hollywood benahmen sich.

An seinem Tisch erzählten sie sich da gerade Abenteuergeschichten aus Dschungeln, Wüsten und Kriegen. Am Nebentisch berichtete der Rockstar von seiner Therapie. Ein paar Supermodels waren noch sehr wach. Als Gast erlebte man den Abend, als wären in dem Loft vier New-York-Filme gleichzeitig in die Wirklichkeit geplatzt. Und mittendrin saß Peter Beard, der auch mit sechzig noch aussah, wie eines jener Idole, die früher Hauptrollen in Rennfahrer-, Agenten oder Gaunerfilmen spielten.

Und na klar konnte er feiern. Nicht nur, weil die New York Times ihn in ihrem Nachruf als "pharmazeutisch geneigt" beschrieb. Man wusste ja, dass er Stammgast in der Protodisco Studio 54 gewesen war, dass die Rolling Stones das Ende ihrer "Exile on Main Street"-Tour 1972 auf seinem Anwesen auf den Klippen von Montauk begingen, dass er mit Jackie Kennedy, Andy Warhol und Truman Capote befreundet war. Wahrscheinlich hätte er im Leben der Stadt New York eine noch viel größere Rolle gespielt, wäre er denn öfter da gewesen.

War er aber nicht. Einen großen Teil seiner Zeit verbrachte er lieber in Afrika. Schon in seiner Jugend hatte er den Kontinent bereist. Als Sohn zweier sehr reicher Familien konnte er sich das leisten (sein Urgroßvater mütterlicherseits hatte die Great Northern Railway gegründet, die Familie seines Vaters mit Tabak viel Geld verdient). Wie so viele New Yorker Kinder reicher Eltern war er in Connecticut zur Schule und auf die Yale University gegangen. Bald nach seinem Abschluss dokumentierte er im Tsavo-Nationalpark das Massensterben der Elefantenherden und anderer Wildtiere, deren Lebensraum wegen der Bevölkerungsexplosion bei den Menschen dieses Landes zusammenschrumpfte.

Die Schriftstellerin Karen Blixen, die am Fuße der Ngong-Berge eine Kaffeefarm betrieb, ermutigte ihn, die Bilder zu veröffentlichen. 1963 erschien "The End of the Game" als Fotobuch, bis heute ein Grundlagenwerk der Naturschutzliteratur. Sie half ihm auch, die Hog Ranch zu kaufen, die an ihre Farm grenzte.

In "The End of the Game" zeichnete sich schon ab, was seine Arbeit prägen sollte. Als Teenager hatte er Tagebucheinträge mit Fotos, Malerei und Objekten zu biografischer Pop-Art kombiniert. In diesen Tagen erscheint ein Prachtband mit dem Titel "Peter Beard (Extra Large)" (Peter Beard, Nejma Beard, Taschen-Verlag, Köln, 2020. 770 Seiten, 100 Euro). Blättert man sich durch das üppige Werk, zieht einen der Bilderrausch der Seiten rasch in das wunderbare Leben des Peter Beard. Es ist eine Welt, in die Mick Jagger und Andy Warhol genauso gehören wie das Tierleben der Savanne, Weltpolitik, Supermodelerotik und Malerei. Groß war diese Welt, aufregend und glamourös. Sie ist zu gleichen Teilen Pop-Art und Hemingway-Romantik.

Eine Demenz bremste ihn seit einiger Zeit aus. Vor einigen Wochen meldete Peter Beards Familie ihn in Montauk als vermisst. Nun hat ein Jäger seinen Leichnam im Wald gefunden. Peter Beard wurde 82 Jahre alt.

© SZ vom 21.04.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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