Neu auf DVD:Goodbye, Sonnenkönig

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"Der Tod von Louis XIV." erzählt von den letzten Tagen des Sonnenkönigs, heiter stöhnend gespielt von Jean-Pierre Leaud. Robert De Niro verkörpert in der HBO-Eigenproduktion "Wizard of Lies/Das Lügengenie" den Betrüger Bernie Madoff.

Von Fritz Göttler

(Foto: N/A)

Er ist der Königsfilmer par excellence, der Katalane Albert Serra, bekannt durch Kino, Theater, Installationen. 2008 hat er den Film "El cant dels ocells/Vogelgesang" gedreht, eine rätselhaft groteske Version der Irrungen der Heiligen Drei Könige. Dann zeigte er uns den "Tod von Ludwig XIV". Jean-Pierre Léaud, die Hauptfigur der Pariser Nouvelle Vague, verkörpert den sterbenden Sonnenkönig, ein greises Kind, das eingesponnen ist in den Kokon seiner majestätischen Perücke und sein Schicksal akzeptiert hat, den Wundbrand in einem Fuß und die Schluckbeschwerden. Der Film ist einer der heitersten des vorigen Jahres, die Inszenierung einer Inszenierung, um ein leeres Zentrum herum. Im Februar wird Albert Serra an der Volksbühne in Berlin ein neues Stück inszenieren, über die Freiheit vor der Revolution und wann sie zur Libertinage wird. (Grandfilm)

(Foto: N/A)

Ein amerikanischer Potentat des 20. Jahrhunderts, Bernie Madoff, der Tausende Menschen um ihre Einlagen brachte durch seine betrügerischen Machenschaften. Es geht um Millionenbeträge. Robert De Niro verkörpert in der HBO-Verfilmung diesen "Wizard of Lies/Das Lügengenie", Barry Levinson inszeniert, ganz unpathetisch, ganz ungerührt. Madoff will sich stellen, wird verhaftet, muss eine Fußfessel tragen, kann keinem erklären, was ihn bewogen hat zu diesem Riesenbetrug. Manchmal scheint in seiner Ungeduld der junge De Niro durch. Seine Frau (Michelle Pfeiffer) muss einen schrecklichen Spießrutenlauf absolvieren, zu ihrem Friseur, der sie nicht mehr als Kundin haben will. Die Familie ist zerstört, Bernie allein (Warner).

(Foto: N/A)

Ein jugendlicher Fanatiker, ein Teenager-Fundamentalist. Das Stück "Märtyrer", von Marius von Mayenburg geschrieben und an der Berliner Schaubühne inszeniert, vom Regisseur Kirill Serebrennikow für seine Verfilmung "Der die Zeichen liest" nach Russland verlegt. Eine Schule in Kaliningrad, der Schüler Benjamin will nicht mehr am Schwimmunterricht teilnehmen. Er studiert die Bibel und hat für alle Gelegenheiten ein Zitat parat. Seine Tyrannei hat Feuer, sie ist lebhafter als die feigen Rückzieher der Direktorin, der Mutter, des Priesters. Benjamin will wieder eine kämpferische Religion, mit engagierten Glaubenskriegern. Der Film ist billig gedreht, mit kühnen langen Einstellungen. Religion kommt immer mit Schmerz und Trauma, ursprünglich war Religion Liebe, aber so funktioniert das heute nicht mehr, Religion ist aggressives Missverständnis, ist Terrorismus. Zur Zeit ist Serebrennikow des Betrugs angeklagt, steht unter Hausarrest (Good!movies).

Vielleicht der beste Film des vorigen Jahres: "Get Out" von Jordan Peele. Ein Schwarzer will sich in ein weißes Viertel integrieren, bei der Familie seiner weißen Freundin. Die Familie intrigiert dagegen, aber ihre Motive sind nicht rassistisch, sondern stammen aus dem Horrorfilm. Es geht um Hirntransplantation und Lebensverlängerung und um mad scientists (Universal). Um die geht es auch in "Haus des Zorns" von John MacNaughton. Ein Mädchen kommt nach dem Tod der Eltern zu Verwandten aufs Land. Im Haus nebenan findet sie einen kranken Jungen, dem, wie sie allmählich merkt, ein schlimmes Schicksal droht. Es geht um den Unterschied zwischen Mutterliebe und Vaterliebe. Der strenge Michael Shannon, der meistens die harten, nicht so sympathischen Männer spielt, ist unglaublich bewegend, wenn er das Händchen seines Sohnes liebevoll ergreift (Koch Media).

(Foto: N/A)

Ein Horrorwestern, aus dem Jahr 1972, von Robert Aldrich, mit Burt Lancaster: "Keine Gnade für Ulzana/Ulzana's Raid". Echos des Vietnamkriegs klingen an. Eine Bande Apachen ist unter Führung von Ulzana aus der Reservation ausgebrochen, terrorisiert das Land und seine Siedler. Sie reißen ihren Opfern das Herz heraus und spielen mit ihm. Der Horror ist so groß, dass ein junger Kavallerist sofort davonreitet, als ihm das Pferd unter dem Leib weggeschossen wird, steckt er sich die Pistole in dem Mund und tötet sich selbst. Ein Trupp Kavallerie wird den Apachen hinterhergeschickt, ihr junger Anführer ist überfordert mit dem Job. Ein alter Scout steht ihm zur Seite, das ist Lancaster. Einmal auf einem Kundschafterritt wartet er auf die anderen, er hockt in der weiten Prärie mit stoischer Gelassenheit. Ein Alterswerk, von zwei Männern, die noch gar nicht das Alter dafür haben, Aldrich ist Jahrgang 1918, Lancaster Jahrgang 1913. Gemeinsam haben sie 1954 den Film "Apache" gemacht, mit Lancaster als rebellischem Krieger (Koch Media).

© SZ vom 08.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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