Nanozellulose:Elefantenmist als Lebenselixier

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Der Elefant ist für den Menschen kein ungefährliches Tier. Sein Kot könnte jedoch die Welt retten. (Foto: Armand Grobler/animal.press)

Der Dung von Elefanten lässt sich in Nanozellulose verwandeln - ein Material, dünner als Menschenhaar und zugfester als Stahl.

Von Gerhard Matzig

So eine Scheiße. Als Satz ist das ein No-Go im Feuilleton - selbst wenn man als Kritiker bisweilen genau das denkt. Umso schöner ist es, wenn man den Dung endlich einmal hymnisch feiern darf. Es ist nämlich der Kot, der die Welt rettet. Zumindest in Form elefantöser Hinterlassenschaften.

Österreichische Experten für Tierexkremente (was es alles gibt) haben herausgefunden, wie sich der Dung etwa von Elefanten in Nanozellulose verwandeln lässt. Diese ist ein nahezu unerschöpfliches Biopolymer aus Glukoseketten, im Grunde also Zucker, mit einzigartigen Struktureigenschaften. Sie dient Pflanzen in den Zellwänden als eine Art Skelett. Dünner als ein Menschenhaar ist das Material dennoch zugfester als Stahl.

Es gibt bereits Leuchten, von dänischen Designern gestaltet, die unter anderem aus getrocknetem Elefantendung bestehen. Auch in der Architektur wird mit durch Nanozellulose verstärktem Beton experimentiert. Sogar Autos sollen durch den Einsatz entsprechender Verbundwerkstoffe leichter werden. Denkbar sind auch Leiterplatten aus zelluloseverstärktem Papier. Oder man könnte damit bioabbaubare Verpackungen herstellen. Das, was beim Elefanten hinten rauskommt, scheint ein innovativer Tausendsassa im Reich der Nachhaltigkeit zu sein: hot stuff.

Bislang wurde Nanozellulose vor allem aus Holz in energieintensiven Prozessen gewonnen. Doch der Stoffwechselrest von Pflanzenfressern enthält bereits bis zu 40 Prozent Zellulose. Diese wurde bereits "zermalmt" und durch die Verdauung mit Hilfe von Enzymen zerlegt, weshalb der Energieaufwand, um daraus Nanozellulose zu machen, vergleichsweise gering ist.

Die Skatologie als Lehre vom Mist dient der Kunstgeschichte schon lange. Urin wurde früher beispielsweise zur Herstellung von Pigment für Farbmittel gewonnen. Oder der Konzeptkünstler Piero Manzoni. Der arbeitete in den Sechzigerjahren gern mit "körpereigenen Substanzen". Bekannt wurde seine "Merda d'artista" (Künstlerscheiße), die er in Dosen verpacken und ziemlich teuer verkaufen ließ. Aus Mist Gold machen - so nennt man das wohl. Was aber die Elefanten machen, das ist doch deutlich bedeutender als das, was die Kunst an dieser Stelle erzeugt hat. Dafür nimmt man dann auch in Kauf, dass die Dickhäuter gelegentlich außer Pflanzen auch Autos zermalmen.

© SZ vom 30.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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