Nachruf:Vom Goldenen Zeitalter bis zum Bürgerkrieg

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Hugh Thomas, britischer Historiker, war ein Kenner der spanischen Geschichte. Er ist im Alter von 85 Jahren gestorben.

Von Willi Winkler

Hugh Thomas war auf dem besten Weg in die Politik, als er Spanien entdeckte. 1955 regierte dort Francisco Franco, der die Republikaner noch vor dem Zweiten Weltkrieg, aber bereits mit freundlicher Unterstützung der deutschen "Legion Condor" besiegt hatte. Thomas begann eine Geschichte dieses Bürgerkriegs, die 1961 erschien und nicht bloß zum (mehrfach erweiterten) Standardwerk avancierte, sondern beste Konterbande war. Oppositionelle schmuggelten die französische Übersetzung von Paris aus nach Barcelona und Madrid, wo der Generalissimus mit langsam erschlaffender Hand weiter regierte und nichts von Aufklärung über den Bürgerkrieg wissen wollte.

Thomas wusste es, er berichtete von den Gräueln, die in den Dreißigern beide Parteien zu verantworten hatten, Republikaner und faschistische Militärs. Nach dem Studium in Cambridge hatte Thomas eine Laufbahn im Außenministerium begonnen, aber die Geschichte bot die größere Attraktion. So wurde er zum Epiker Spaniens, das im 16. Jahrhundert die Welt beherrschte, ehe es als Weltmacht von Britannien abgelöst wurde. Thomas, Professor an der Universität Reading , erzählte auch die Geschichte der Eroberung Mexikos und der Vernichtung des Azteken- und Inkareiches: Das Habsburgerreich Karls V. und seines Sohnes Philipp II. finanzierte sich und seine Feldzüge durch die Ausbeutung der Neuen Welt, wo zum Ausgleich die Wilden im Namen eines fernen Königs katholisch gemacht wurden. Das sogenannte Goldene Zeitalter lebte vom Silber Lateinamerikas, und die gegenreformatorische Kunst in Europa profitierte davon.

Neben kleineren Monografien entstand auch eine Geschichte Kubas von der Kolonialzeit bis zum letzten Caudillo Castro, die leider ebenso wenig wie seine Trilogie über Spaniens große Zeit ins Deutsche übersetzt wurde. Zwischendurch hat Thomas noch drei Romane geschrieben. Politiker blieb er auch, aber angemessen unbeständig. Als ihn Labours unentschiedene Haltung zu Europa ärgerte, wechselte er zu den Tories. Margaret Thatcher nahm ihn in ihren intellektuellen Hofstaat auf und machte ihn zum Baron Thomas von Swynnerton. Zuletzt war er Liberaldemokrat. Am vergangenen Samstag ist Hugh Thomas mit 85 Jahren in London gestorben.

© SZ vom 10.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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