Von einem Filmemacher zu sagen, er sei ein Großmeister des Eskapismus gewesen, klingt erst einmal böse. Garry Marshall aber hätte das als Ehrentitel akzeptiert. Er war der Mann für die kleinen und großen, komischen und romantischen Fluchten. Wie gut er darin war, zeigt schon die Schmuck-Szene aus seinem Megahit "Pretty Woman" von 1990: ein reicher Prinz Charming, ein Escortgirl, ein teures Collier, große Augen - so würde es jeder inszenieren. Marshall aber ließ den Deckel der Schatulle über Julia Roberts neugierigen Fingern zuschnappen - und diese schenkte ihm dafür ein Auflachen, so explosiv und echt, dass daraus ein Moment für die Ewigkeit wurde.
Marshall, 1934 als Garry Kent Maschiarelli in der Bronx geboren, war ein Kind des Fernsehens, als Gagschreiber, Schauspieler, bald schon als Produzent. Schon "Happy Days", seine erste Hitserie, träumte sich in die verklärten Fünfzigerjahre zurück. Erste Filmerfolge waren "Overboard" und "Freundinnen" mit Bette Midler. "Pretty Woman" wurde dann nicht nur der Höhepunkt seines Schaffens, sondern fast schon ein Abschiedsmanifest jenes ersten Jahrhunderts der bewegten Bilder, das noch ein Jahrhundert des naiven Träumens sein durfte.
Marshall aber drehte unbeirrt weiter, zur Not auch in kleinerem Rahmen - mit seinem Star Julia Roberts ("Runaway Bride") oder mit Anne Hathaway, die er mit den "Plötzlich Prinzessin"-Filmen zur Heldin aller Mädchenzimmer machte. Der letzte einer Serie sentimentaler Ensemblefilme, "Mother's Day", wird nun posthum Ende August ins Kino kommen.
Der Mensch hinter dem Hitproduzenten Marshall aber spiegelte sich in den traurig-freundlichen Augen des Schauspielers Héctor Elizondo - ein alter Freund, der in jedem seiner Filme eine Rolle haben musste. Am Dienstag ist Garry Marshall im Alter von 81 Jahren in Burbank gestorben. Und Héctor Elizondo wird noch ein wenig trauriger schauen als bisher.