John Perry Barlow war ein Visionär im buchstäblichen Sinne, der das Internet als Ort der Freiheit begriff und lange schon dafür kämpfte. Auf den vielen Digitalkonferenzen, auf denen er sich auch dann noch herumtrieb, als ihm sein Körper das Reisen bereits schwer machte, war er eine ungewöhnliche Erscheinung. Man sah und hörte ihm seine Vergangenheit als Viehzüchter in seinem Geburtsbundesstaat Wyoming an, wo die Nummernschilder nicht von ungefähr serienmäßig einen Rodeo-Cowboy zeigen. Sorgsam pflegte er auch seine Vergangenheit in der Nähe historischer Hippielegenden: 25 Jahre lang schrieb er für die Grateful Dead Texte, Songs wie "Mexicali Blues", "The music never stopped" und "Hell in a bucket".
Das alles war aber immer nur Aura, um seine Rolle als Pionier und Bürgerrechtskämpfer im digitalen Neuland zu untermauern. Gemeinsam mit Lotus-Gründer Mitchell Kapor hatte er 1990 die "Electronic Frontier Foundation" (EFF) gegründet, die "elektrische Grenzlandstiftung", die bis heute neben dem Chaos Computer Club zu den wichtigsten unabhängigen Organisationen für digitale Politik gehört.
1996 verfasste Barlow als Protest gegen Bill Clintons neues Kommunikationsgesetz eine "Unabhängigkeitserklärung des Cyberspace", die jede Einmischung von Regierungen in die digitale Welt ablehnt und bis heute ein Grundsatztext ist. 2014 veröffentlichte er eine Aufnahme des Textes als Vinylschallplatte. Das war sein bitterer Kommentar auf den Zustand der digitalen Welt, aus der viele in den letzten Jahren ins Analoge zurückgeflüchtet sind. Am Mittwoch ist John Perry Barlow laut EFF friedlich entschlafen. Er wurde 70 Jahre alt.