Nachruf:Einheit des Denkbaren

Am 15. Februar ist der Philosoph Jens Halfwassen im Alter von 61 Jahren in Heidelberg gestorben, wo er seit der Jahrtausendwende lehrte.

Von Johan Schloemann

"Wer heute in einem affirmativen Sinne von Metaphysik spricht, der riskiert zumindest den Vorwurf, nicht auf der Höhe der Zeit zu sein." Das schrieb in einer Aufsatzsammlung der Philosoph Jens Halfwassen, der am 15. Februar im Alter von 61 Jahren in Heidelberg gestorben ist, wo er seit der Jahrtausendwende Professor gewesen war. Und er fügte hinzu: "Ich riskiere diesen Vorwurf".

Metaphysik zielt in Halfwassens Worten auf den "ursprünglichen Einheitscharakter alles Denkbaren". Es war ein Leitthema dieses Gelehrten, dass eine "konsequente Philosophie des Absoluten", die den deutschen Idealismus beschäftigte, auf den spätantiken Neuplatonismus zurückgeht. Halfwassen zählte zu dessen besten Kennern, seit seiner Kölner Dissertation "Der Aufstieg zum Einen. Untersuchungen zu Platon und Plotin" (1989). Aus der Habilitationsschrift über Georg Wilhelm Friedrich Hegel (1995) kann man nicht nur in einem Hegel-Jahr wie jetzt viel über Hegels philosophiehistorische Bezüge lernen, die stets mit dem systematischen Denken zusammenhängen. Seine Auffassung, dass "uns lebensweltlich vertraute Wirklichkeiten wie Geist und Seele, Bewusstsein und Subjektivität" weder Illusionen seien noch allein aus naturwissenschaftlichen Fakten ableitbar, vermittelte Jens Halfwassen, der aus Bergisch Gladbach gebürtig war, vielen seiner Schüler, unter ihnen der heute in Bonn lehrende Markus Gabriel. Akademisch viel geehrt und verpflichtet, warnte Halfwassen die Bologna- und Drittmittel-Universität vor dem "Verlust von staatlich garantierter Freiheit".

© SZ vom 20.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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