Nachruf:Dritte Kultur

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Gunther Schuller wurde 1925 in Queens, New York geboren. Er war einer der profiliertesten Komponisten für zeitgenössische Musik und eine treibende Kraft des Modern Jazz. (Foto: laif)

Der deutsch-amerikanische Komponist, Dirigent, Hornist und Musikwissenschaftler Gunther Schuller ist tot. Er brachte Modern Jazz und Klassik zusammen.

Von Andrian Kreye

Es gibt nicht viele Studienabbrecher, die sich so nachhaltig zum Universalgenie entwickeln wie der Komponist, Dirigent, Hornist und Musikwissenschaftler Gunther Schuller, der am Sonntag gestorben ist. Als Komponist war er ein Autodidakt, der sich im Laufe seines Lebens die zeitgenössische Klassik auf einem Niveau erarbeitete, dass man ihm 1994 für seine Zwölfton-Komposition "Of Reminiscences and Reflections" den Pulitzer Preis verlieh. Gleichzeitig war er eine treibende Kraft des Modern Jazz.

Bis auf ein paar Schuljahre in Deutschland wuchs Gunther Schuller in New York auf. Er stammte aus musikalischer Familie. Sein Vater Arthur war Geiger bei den New Yorker Philharmonikern, hatte vor seiner Auswanderung aus Deutschland unter Wilhelm Furtwängler gespielt. Der Großvater war Dirigent. Sein Musikstudium brach Gunther Schuller allerdings schon 1943 ab, um mit dem American Ballet Theater auf Tournee zu gehen. Im gleichen Jahr wurde er Solohornist des Cincinnati Symphony Orchestra, kehrte zwei Jahre später zurück, um als Hornist an der Metropolitan Opera zu arbeiten. Die Nächte verbrachte er in diesen Jahren in den Jazzclubs seiner Geburtsstadt, spielte mit J. J. Johnson, Dizzy Gillespie und Miles Davis. 1955 gründete er dann mit dem Pianisten des Modern Jazz Quartet John Lewis die Modern Jazz Society. Gleichzeitig lehrte er an der Brandeis University. Dort prägte er dann auch den Begriff des "Third Stream", eine musikwissenschaftliche Definition des Grenzbereiches zwischen Jazz und Klassik.

Daraus wurde bald eine Bewegung. Dave Brubeck, Ornette Coleman, Bill Evans und vor allem das Modern Jazz Quartet folgten Schullers Ideen. 1959 gehörte Schuller dann zum Nonett von Miles Davis, das dem Jazz mit dem Album "Birth of the Cool" eine Wendung zur ernsten Musik gab, die bis heute anhält.

Über 200 zeitgenössische Werke hat Schuller zeit seines Lebens geschrieben. Er leitete Konzerte und Institute, war künstlerischer Leiter des Tanglewood Festivals. Nun ist er in Boston an den Folgen einer Leukämieerkrankung gestorben. Er wurde 89 Jahre alt.

© SZ vom 24.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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