Nachrichten aus dem Netz:Das ist nur ironisch gemeint

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Wenn Mark Zuckerberg von seinem Olymp heruntersteigt und zu den normal Sterblichen spricht, kommt oft Erstaunliches raus. Seine jüngste Idee, die digitale Telepathie, hat aber auch einen bestechenden Vorteil.

Von Michael Moorstedt

Hin und wieder steigt Mark Zuckerberg von seinem Multimilliarden-Dollar-Olymp hinab und beantwortet die Fragen der Sterblichen. Auf die Zukunft von Facebook angesprochen, schrieb er in der jüngsten Frage-und-Antwort-Stunde, er sei überzeugt, dass die Menschen "sich eines Tages ihre Gedanken zusenden könnten. Man denkt an eine Sache, und die Freunde können sofort die gleiche Erfahrung erleben." Facebook möchte die Telepathie erfinden.

Nun ist die Vorstellung, dass ein Internetdienst Zugriff auf die eigene Gedankenwelt hat, zunächst einmal dystopisch. Andererseits wäre es auch praktisch. Sobald sie sich im Netz aufhalten, sind Menschen schlecht darin, die Absichten anderer Menschen zu dechiffrieren. Vor allem, wenn es um Humor und Ironie geht. Gerade mal 60 Prozent der Befragten konnten in einer Studie Sarkasmus auf Twitter als solchen identifizieren. In einer anderen waren es sogar nur die Hälfte der Teilnehmer.

Trotzdem können die Menschen nicht anders, als im Netz auf den Ironie-Modus umzuschalten. Die paraverbalen Signale, die man nutzt um anzuzeigen, dass Aussagen nicht eins zu eins zu werten sind, lassen sich in Textform nur schwer anwenden. Deshalb haben sich die Menschen Abhilfe geschaffen in Form von Abkürzungen wie "lol", durch Smileys, Hashtags, Emojis und andere kommunikative Prothesen.

Ganz im Sinne von Mark Zuckerberg wird nun an einer technischen Lösung des Problems gearbeitet. Ein Forscherteam der Universität Berkeley hat eine Software entwickelt, die zumindest in 85 Prozent der Fälle in der Lage war, Sarkasmus und Ironie korrekt zu identifizieren. In einer öffentlichen Ausschreibung suchen auch US-Geheimdienste nach einer ähnlichen Software, einem Sarkasmus-Detektor sozusagen. Wohl um die Treffsicherheit ihrer Spionageprogramme noch zu verfeinern.

Die Online-Sprachanalyse ist längst nicht mehr nur ein Spielfeld für Computerlinguisten und CIA-Schlapphüte, sondern auch ein Geschäft. Dutzende von Marketing-Start-ups durchkämmen pausenlos die Datenmassen, die jeden Tag auf Twitter und Facebook generiert werden, um zu verstehen, wie die Web-Öffentlichkeit über Produkte, Prominente oder Präsidentschaftskandidaten denkt.

Damit die Software mit hundertprozentiger Sicherheit die Absichten des Absenders verstehen kann, gilt es nicht nur zu analysieren, wer etwas sagt, sondern auch in welchem Forum und in welchem Kontext. Zwar hätten Computer in den letzten Jahren enorme Fortschritte beim Sprachverständnis gemacht, erklären die Berkeley-Forscher. Sie seien aber noch immer ziemlich schlecht darin, die Welt an sich zu verstehen.

© SZ vom 31.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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