Musik:Operndiva Elina Garanča kehrt zurück

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Berlin (dpa) - Geduldig lässt Elina Garanča an diesem Nachmittag in Berlin die Pflichten ihres Berufs über sich ergehen. Fotos, Interviews und viele Fragen - die Mezzosopranistin aus Lettland hat die Regeln des Musikbetriebs akzeptiert und folgt ihnen gelassen.

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Berlin (dpa) - Geduldig lässt Elina Garanča an diesem Nachmittag in Berlin die Pflichten ihres Berufs über sich ergehen. Fotos, Interviews und viele Fragen - die Mezzosopranistin aus Lettland hat die Regeln des Musikbetriebs akzeptiert und folgt ihnen gelassen.

Die Sängerin, einer der großen Stars der Oper, nimmt sich Zeit für die Antworten und gibt auch einiges über ihr Leben preis - wer eine Primadonna erwartet hat, wird enttäuscht. „Wir sind Überlebenskünstler“, sagt sie über sich und ihre Landsleute, „wir passen uns überall an“.

Elina Garanča ist wieder zurück. Nach fast einem Jahr steht die 37-Jährige wieder auf der Bühne. Wie zuvor etwa bei Anna Netrebko inszeniert ihre Plattenfirma das Ende der Babypause als Comeback.

Im Herbst geht Garanča auf Tournee, gleichzeitig erscheint ihr neues Album „Meditation“. Das Album mit geistlichen Stücken hat sie gemeinsam mit ihrem Ehemann, dem Dirigenten Karel Mark Chichon, einem Briten aus Gibraltar und Chefdirigent der Deutschen Radio Philharmonie Saarbrücken, aufgenommen. Dazu gehören Werke von Mozart bis zum lettischen Zeitgenossen Pēteris Vasks.

Nach Catherine Louise vor zweieinhalb Jahren hat Garanča Cristina Sofie im Januar zur Welt gebracht. Die Sängerin reist mit der Kleinsten und einem Kindermädchen von Stadt zu Stadt und legt dazwischen immer wieder eine Pause in ihrer „Villa Tosca“ bei Málaga in Spanien ein.

„Ich finde mich gerade in der Rolle als Mitschlepp-Mama zurecht“, sagt Garanča im Gespräch der Nachrichtenagentur dpa. „Man ist im Dauereinsatz. Alles, was im Leben als Frau oder als Künstlerin wichtig ist, kommt auf Platz vier, fünf, sechs...“

Zäh und gewissenhaft hat die aus einer Musikerfamilie stammende Sängerin auch ihre Karriere angepackt. Garanča wurde auf einem Bauernhof groß. „Zwischen Kuhstall und Musiksalon“ lautet die Überschrift des ersten Kapitels ihrer jüngst erschienenen Autobiografie „Wirklich wichtig sind die Schuhe“.

Zwar wollte sie zunächst zum Musical, hatte dann aber bereits mit 21 Jahren erste Engagements in Bukarest und Athen. Die Ochsentour vollzog sie über die Theater in Meiningen und Frankfurt am Main, später debütierte sie an der Wiener Staatsoper als Lola in „Cavalleria rusticana“.

Der Durchbruch gelang ihr 2003 in einer Nebenrolle in Mozarts „La clemenza di Tito“ in Salzburg unter Nikolaus Harnoncourt. Heute singt Garanča auf allen großen Bühnen - an der „Met“ in New York, in Paris, London und Berlin. Nur einen Auftritt in einer Oper an der Scala wünsche sie sich noch, einen Liederabend hatte sie auf der Mailänder Bühne bereits.

Seitdem der Nachwuchs da ist, hat sich für Garanča der innere Kompass verschoben. „Ich stehe vor einer Zäsur. Vielleicht denkt man so, wenn man bald 40 wird.“ Sie habe höchstens noch 15 Jahre als Sängerin vor sich. „Dann lässt der Körper nach, die Stimme wird schwächer, man wägt dann ab, ob der Spaß auf der Bühne die Strapazen noch lohnt.“

Seit einiger Zeit tritt die Sängerin kürzer. „Eine Neuproduktion und fünfzig Auftritte pro Jahr reichen mir.“ Ja, manchmal habe sie genug von ihrem Beruf. Sie habe aber gelernt, mit dem Druck umzugehen. Die Plattenfirma, die Fans, die Konkurrenz. „Aber was sollte ich sonst machen?“ Sie würde gerne Opernregie führen. „Aber da sind ja die Ausgaben: das Haus, das Kindermädchen, die Klamotten.“

Und so bleibt Garanča auf der Bühne und will ihr Repertoire neu ausrichten. Die Königstochter Amneris aus Verdis „Aida“ stehe an oberster Stelle. Den Klavierauszug habe sie dazu schon, nur die Stimme sei noch nicht soweit - Garanča war bisher vor allem in den mezzo-typischen Rollen unterwegs, vor allem als „Carmen“, in der sie 2007 in Riga debütierte und als Octavian im „Rosenkavalier“.

Als feinfühlig-sinnliche Darstellerin mit der dunkel gefärbten Stimme sorgt Garanča immer wieder für Furore. Mit den Mozart-Opern, in denen sie als Dorabella in „Così fan tutte“ und der Hosenrolle des Sesto in „La clemenza di Tito“ glänzte, ist sie durch. „Dieses Hinter-den-Röcken-Laufen mag ich nicht mehr“, auch für die Stimme seien die Partien kein Gewinn mehr. So spiegele auch das neue Album ihren inneren Zustand wider: „innere Ruhe, Entspannung.“

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