Museen:Das ging aber schnell

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Eike Schmidt, 49, war vor zwei Jahren als erster Ausländer zum Direktor der Uffizien berufen worden. Von 2019 an soll er das Kunsthistorische Museum in Wien leiten. (Foto: Helmut Fohringer/dpa)

Der deutsche Kunsthistoriker Eike Schmidt, 49, war vor zwei Jahren als erster Ausländer zum Direktor der Uffizien in Florenz berufen worden. Er hatte viele Ideen - doch jetzt soll er schon ab 2019 das Kunsthistorische Museum in Wien übernehmen.

Von Thomas Steinfeld

Als Eike Schmidt, seit Herbst 2015 Direktor der Uffizien in Florenz, vor einem Monat der Turiner Tageszeitung La Stampa ein Interview gab, verglich das Blatt die Arbeit dieses Kunsthistorikers mit einer "Schlacht ohne Grenzen". In jenen Tagen hatte Eike Schmidt das neue System für die Eintrittspreise des berühmten Museums vorgestellt: nach Saison gestaffelt und dazu angelegt, wiederholte und gründliche Besuche zu fördern, wobei die Bürger der Stadt bevorzugt werden sollten. So, hatte Eike Schmidt erklärt, sei das größte Problem der Uffizien zu lösen: die langen Warteschlangen, die im Sommer jeden Besuch des Hauses in eine harte Prüfung sozialer Tugenden verwandelten. Den Ertrag seiner Bemühungen wird Eike Schmidt nun nicht lange als Direktor der Uffizien erleben: Wie der österreichische Kulturminister Thomas Drozda am Freitag in einer Pressekonferenz mitteilte, wird der Vertrag der Kunsthistorikerin Sabine Haag als Direktorin des Kunsthistorischen Museums in Wien nicht zum zweiten Mal verlängert. Stattdessen wird Eike Schmidt im Herbst 2019 ihre Nachfolge übernehmen.

Der "Superdirektor" arbeitete schnell. An Widerstand fehlte es nicht

Das Ende der Tätigkeit Eike Schmidts in Florenz kommt früh und überraschend. Erst vor zwei Jahren hatte er sein jetziges Amt angetreten, als prominenteste Besetzung im Rahmen einer radikalen Neuausrichtung der zwanzig größten staatlichen Museen Italiens. "Superdirektoren" nennt die italienische Presse die neuen Chefs, und zwar nicht nur, weil sie, anders als bislang in diesem Land üblich, aus einer internationalen Ausschreibung hervorgegangen und von einer international besetzten Kommission ausgewählt worden waren, sondern auch deshalb, weil sie ihr jeweiliges Haus als eine ökonomisch selbständige Einheit führen sollen - in relativer Unabhängigkeit vom Kulturministerium und der komplizierten Bürokratie der "beni culturali", der Verwaltung der italienischen Kulturgüter.

Besonderes Aufsehen, ja zuweilen auch Anstoß erregte dabei der Umstand, dass sechs dieser Museumsdirektoren keine Italiener sind, darunter der in Freiburg ausgebildete Eike Schmidt, der lange Jahre in den USA gearbeitet hatte. Eine Professionalisierung in der Leitung der großen Museen erwartete Dario Franceschini, der italienische Kulturminister, von dieser Aktion - und gewiss auch: höhere Erträge. Und sicherlich verfolgte man mit der Reform auch die Absicht, die berühmtesten Museen Italiens aus ihren engen Bindungen an ihre jeweiligen Kommunen und Regionen zu lösen, der musealen und wissenschaftlichen Standards wegen, aber auch, um allfällige persönliche Rücksichtnahmen zu erschweren.

In Florenz arbeitete Eike Schmidt schnell: Unter seiner Regie wurde in dem Gebäudekomplex aus dem 16. Jahrhundert die Folge von Sälen, in deren Mitte die Werke Sandro Botticellis ausgestellt werden, die berühmtesten Exponate der Uffizien, neu gestaltet, und zwar so, dass sie von mehr Menschen unter besseren Bedingungen betrachtet werden können. Schmidt beförderte den Verbund zwischen den Uffizien, dem Palazzo Vecchio und dem Palazzo Pitti, die in Zukunft, dem historischen Zusammenhang angemessen, einer gemeinsamen musealen Struktur unterworfen sein sollen. Im kommenden Jahr wird der Vasari-Korridor, der die drei Häuser und die Boboli-Gärten verbindet, über den Arno hinweg, wiedereröffnet werden.

Und Eike Schmidt kümmerte sich um Kleinigkeiten: um Lautsprecheransagen im Hof der Uffizien zum Beispiel, in denen die Wartenden vor Taschendieben und Schwarzmarkt-Tickets gewarnt wurden (was ihm einen Strafbefehl wegen Betriebs eines illegalen Radiosenders eintrug). An Widerstand fehlte es nicht, weder von Seiten italienischer Kunsthistoriker, die auf dem kommunalen und regionalen Charakter der Museen bestehen, noch von Seiten der eigenen Angestellten, die ihm erst vor einigen Wochen öffentlich vorwarfen, zu stark in ihre Kompetenzen einzugreifen.

Sein Tempo erklärte Eike Schmidt damit, dass man sich auf die Beständigkeit der Kulturpolitik nicht verlassen könne. Je mehr Reformen erreicht seien, desto weniger könne später zurückgenommen werden. Ob dies zutrifft, wird sich zeigen, wenn sich die Aufregung gelegt haben wird, die dieser frühe Abschied in Italien auslösen wird: nicht auszuschließen, dass er ebenso als Affront verstanden wird, wie die Berufung für einige italienische Kollegen ein Affront gewesen war. Eike Schmidt dagegen wird in Wien ein geordnetes Haus, eine der bedeutendsten Sammlungen der Welt und zumindest halbwegs klare Bedingungen vorfinden.

© SZ vom 02.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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