Michael Jackson: Trauerfeier:Seine letzte Show

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Weltstars auf der Bühne und ein hemmungslos kitschiger Sarg: Michael Jacksons Abschied - glamourös, tränenreich, meisterhaft arrangiert.

Jörg Häntzschel, Los Angeles

Seit Michael Jacksons Tod vor zwölf Tagen schien seine postume Existenz wie eine Fortsetzung der zwei letzten Jahrzehnte seine exzentrischen Lebens. Doch bei der Gedenkfeier, bei der sich die Familie, sehr viele Stars und 11.000 Fans in Los Angeles von ihm verabschiedeten, war nichts mehr von Chaos und Sensationsgier zu spüren.

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Die meisterhaft arrangierte Show im Staples Center war so pathosselig und tränenreich wie zu erwarten gewesen war, doch die vielen Freunde und Angehörigen, die dabei auftraten, verschwiegen auch die bizarren und fragwürdigen Seiten von Jacksons Leben nicht. Sie priesen ihn als warmherzigen Menschen, als Genie des Pop und als Wegbereiter für eine neue Normalität zwischen Schwarz und Weiß. Und besiegelten damit den erstaunlichen Aufstieg des vom Ruhm zerfressenen Freaks zum Weltstar als säkularem Heiligen.

Beerdigt ist Jackson nun allerdings noch immer nicht. Überraschend ließ die Familie unmittelbar vor Beginn der Feier mitteilen, dass sein Leichnam im Staples Center aufgebahrt würde. Jacksons Brüder, die alle den gleichen Strasshandschuhe an der rechten Hand trugen, der zu einem der Markenzeichen Michael Jacksons geworden war, schoben den mit roten Rosen geschmückten Sarg zu Beginn vor die Bühne, auf der Jackson am Vorabend seines Todes noch in erstaunlich guter Verfassung für die Konzerte in London geprobt hatte.

Vor einer Videowand, die stilisierte Kirchenfenster zeigte, eröffnete Mariah Carey den Reigen der Stars mit "I'll Be There", einem der größten Hits der Jackson Five. Es folgten Auftritte von Queen Latifah, von den beiden Basketballstars Kobe Bryant und Magic Johnson, Stevie Wonder, der an einem Flügel das düstere "I Never Dreamed You'd Leave In Summer" sang, und der hochschwangeren Jennifer Hudson. Die Schauspielerin Brooke Shields, der Musiker John Mayer, Martin Luther King III und Jacksons Bruder Jermaine sprachen oder sangen ebenfalls.

Zuvor sahen die Zuschauer eine bewegende Collage mit Szenen aus Jacksons Leben, Konzertmitschnitten und Szenen aus seinen berühmtesten Videos. Doch am eindringlichsten war wohl der Auftritt des Schwarzenaktivisten Al Sharpton, der ein langjähriger Freund des Jackson-Clans ist. Zunächst erzählte er die Geschichte von Michael Jacksons Aufstieg vom Arbeiterkind zum Weltstar als klassische amerikanische Erfolgskarriere. Doch dann wies er auf die enormen Folgen hin, die der Ruhm Jackson für Amerikas Schwarze hatte. "Er riss den Rassenvorhang nieder", sagte er. "Die Leute, die dank Michael Jackson als Teenager Fans eines schwarzen Popstars wurden, sind heute 40 und wählen einen schwarzen Präsidenten."

Das Geschehen vor der Gedenkfeier glich zwischenzeitlich einem Staatsakt. Nicht einmal der verstorbene Ronald Reagan war mit vergleichbarem Pomp verabschiedet worden. Kurz vor acht Uhr hatten etwa dreißig Limousinen das Anwesen der Jackson-Familie im Vorort Encino verlassen und waren in einer langen Kolonne zum für die Öffentlichkeit abgeriegelten Friedhof Forest Lawn Memorial in den Hügeln von Hollywood gefahren. Nach einer kaum 30-minütigen Andacht in der Hall of Liberty verließen die 150 Gäste den Friedhof wieder. Jacksons Sarg war zuvor in einen Leichenwagen geladen worden, der an zweiter Position mitfuhr.

Nach kaum 15 Minuten Fahrt über die abgesperrten Autobahnen erreichte die Prozession das Staples Center in der Innenstadt von Los Angeles. Nachdem die Familie zuvor alles getan hatte, um den Ablauf des Tages geheimzuhalten, säumten nur wenige Schaulustige die Straßen. Auch vor den Barrikaden, mit denen das Staples Center schon Stunden vorher abgeriegelt war, fanden sich weit weniger Fans ein als die vielen Hunderttausend, die die Polizei dort erwartet hatte. Das Chaos war ausgeblieben.

Sarg für 25.000 Dollar

11000 Menschen aus aller Welt, die aus 1,6 Millionen Bewerbern um Tickets für die Gedenkfeier ausgelost worden waren, erlebten die Feier im Stadion. Weitere 6500 verfolgten es im gegenüberliegenden Nokia Center auf einer Videoleinwand. Auch in 88 amerikanischen Kinos war die Gedenkfeier live zu sehen. Gemacht war die Show, die weltweit übertragen wurde, jedoch fürs Fernsehen. Schon vorab war vom "größten Medienereignis der letzten Jahre" die Rede.

Jackson lag in einem Sarg des Modells "The Promethean", der Promethische, einem hemmungslos kitschigen Schmuckstück aus Bronze, Gold und dunkelblauem Samt, das 25 000 Dollar kostete. Jackson hatte er gefallen, als er ihn 2007 bei der Beerdigung von James Brown gesehen hatte.

Seit seinem Tod hatte die Welt gerätselt, wie und wo Jackson bestattet werden würde. Auch während der Gedenkfeier wusste es noch niemand. Nach der öffentlichen Trauerfeier hatte die Familie einige hundert Gäste ins Hotel Beverly Wilshire in Beverly Hills zu einem Empfang geladen. Was weiter mit dem Leichnam geschehen soll, war am Dienstagabend noch ungewiss. Das Rätselraten um Ort und Zeit der Bestattung Jacksons, das Fans und Reporter seit dessen Tod in Atem hielt, geht also weiter.

Unterdessen setzt sich das Gezerre um das unübersichtliche Erbe von Jackson fort. Am Montag scheiterte Jacksons 79-jährige Mutter Katherine vor Gericht mit ihrem Versuch, sich zur Nachlassverwalterin einsetzen zu lassen. Zumindest bis zum endgültigen Urteil am 3. August bleibt die Kontrolle nun in den Händen von Jacksons Anwalt John Branca und dem Musikmanager John McClain, die Jackson in seinem Testament als Nachlassverwalter ernannt hatte.

© SZ vom 08.07.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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