Mediaplayer:Maskenspiele

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Der Körper der Herrscher, der Körper der Frauen: Ein Politthriller von Sidney Gilliat, Céline Sciammas "Porträt einer jungen Frau in Flammen" und Marvyn ReRoys eiskalte Szenen einer Ehe in "Bevor die Nacht anbricht".

Von Fritz Göttler

(Foto: N/A)

Maskenspiel im Operationssaal, fragende, ausweichende, unergründliche Blicke, die Gesichter sind hinter den Masken verborgen. Doktor Marlowe aus Amerika führt die Operation durch, nach seiner neuen Methode, erklärt den anderen Ärzten die Schritte. Er wurde dafür nach Vosnien gelockt, den (fiktiven) kleinen mitteleuropäischen Staat. Aber was hat Colonel Galcon am OP-Tisch zu suchen, der Minister für Gesundheit, öffentliche Dienste, Staatssicherheit? Und wer ist eigentlich der Patient auf dem OP-Tisch ... Die Sauerstoffmaske wird kurz weggezogen - es ist der Herrscher, der Autokrat von Vosnien selbst. State Secret/Staatsgeheimnis ist ein britischer Politthriller von 1950, ganz im Stil der kleinen Hitchcock-Stücke der Dreißiger und der Ambler-Romane der Nachkriegsjahre, von Sidney Gilliat, der mit seinem Partner Frank Launder eine kleine Produktions- und Kreativeinheit im britischen Kino bildete, dem genialischen Team Powell & Pressburger vergleichbar. Douglas Fairbanks Jr. ist Doktor Marlowe, Jack Hawkins ist Colonel Galcon. Der Körper der Herrscher, das große Thema der politischen Theorie und des Kinos - wider Willen wird der Arzt Mitwisser in einer politischen Doppelgänger-Intrige, ein verbotenes Wissen, er muss nun fliehen durch ein dunkles, verrauchtes Land. Eine wilde Jagd, zugleich sehr komisch. (Pidax)

(Foto: N/A)

Die Körper der Frauen ... wer verfügt über sie, wer bestimmt über ihr Leben. Die Bretagne, 1770. Die Malerin Marianne wird auf eine Insel bestellt, um das Bild einer jungen Frau zu malen, ihre Mutter will es dem vorgesehenen Gatte schicken: Porträt einer jungen Frau in Flammen, von Céline Sciamma. Einer der schönsten Filme des vorigen Jahres, von spielerischer Unbedingtheit und Geisterhaftigkeit. Noémie Merlant ist Marianne, Adèle Haenel ist Héloïse, ihre Liebe ist (auch) wie die von Orpheus und Eurydike, und, erklärt Sciamma, inspiriert von Hitchcocks großem Liebesfilm "Vertigo". (Alamode)

(Foto: N/A)

Szenen einer Ehe, letztes Stadium. Ein Mann hat seine Frau weggesperrt in eine seelenlose Anstalt, nun kehrt sie nach Hause zurück, wie eine Fremde, wie Hitchcocks Rebecca: Bevor die Nacht anbricht/Home Before Dark, 1959, von Mervyn LeRoy, der mehr ist als ein souveräner Studioregisseur. Sein Film ist ein Blick in die amerikanische Nachkriegsgesellschaft, eisiger als jeder Bergman. Eine winterlich kalte Ostküsten-Universität am Meer. Jean Simmons ist die junge Frau, die mit ihrer Verstörung kämpft, in ihrem Haus lebt auch die Stiefmutter und die blonde Stiefschwester, Rhonda Fleming, außerdem ein junger Philosophiedozent, der sich an der Fakultät bewirbt. In der gekürzten deutschen Fassung hat man einen Italiener aus ihm gemacht und verschwiegen, dass er bei seiner Bewerbung Schwierigkeiten hat infolge des latenten Antisemitismus an der Uni. (Filmjuwelen)

© SZ vom 21.09.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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