Mediaplayer:Ich trank Gift wie Wein

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Sechs neue Filme auf DVD, darunter Lana Gogoberidses großartige "Interviews zu persönlichen Fragen".

Von Fritz Göttler

Der Morgen startet mit einer großen Nummer, die ganze Familie macht mit. Sopiko tanzt durch die Wohnung und weckt die Kinder. Die wollen nur ungern raus aus den Betten, der Junge stellt gleich den Kassettenrekorder an, nicht so laut, mahnt der Vater, die Nachbarn, die Tochter will noch mal zur Oma ins Bett, der Vater muss einen Knopf am Hemd annähen. Wir sollten uns ein Auto kaufen, schlägt er vor. Abba singen "Money Money Money".

(Foto: Verleih)

Sopiko ist Reporterin in Tbilissi, immer unterwegs für 'Einige Interviews zu persönlichen Fragen' im gleichnamigen Film (1978) von Lana Gogoberidse, der großen georgischen Filmemacherin, voriges Jahr wurde sie 90, auf Deutsch erschien ihre Autobiografie "Ich trank Gift wie kachetischen Wein". Sopiko ist die Verdienerin der Familie, nach dem Dienst stellt sie sich in den Schlangen auf dem Markt an und kocht, sorgt für ihre Mutter, die zehn Jahre im Straflager gewesen war. Sopiko ist eine großartige Figur, sie kann nicht nur geduldig zuhören, sondern vermag auch zu helfen bei Problemen, mit der Bürokratie. Solche Momente wurden von der Filmbehörde damals moniert, wenn das Politische sich hineindrängte in den lebhaften Familienfilm, wenn emotionales Missmanagement im Sozialismus sichtbar wurde - und die Einsamkeit, die es produzierte. Manchmal geht es andersherum, dann fangen die Befragten an Fragen zu stellen. Sopikos' treuer Helfer ist der Fotograf Irakli, der alles in seinen Blick nimmt, auf der Straße, sogar uns, die Zuschauer. (Filmgalerie 451/Arsenal)

Ein spektakulärer Familienfilm aus Hollywood, aus der Superheldenwelt, ,Aquaman', von James Wan. Das Familiäre liegt mir am Herzen, bekundet er, man sah es schon an seinen Horrorfilmen. Aquaman (Jason Momoa) ist gezeugt von einem Sterblichen und einer Unterwasserkönigin, Nicole Kidman. Er und die Seinen sind in beiden Medien zuhause, ziehen mit der gleichen natürlichen Beweglichkeit durch Luft und Wasser. Eine fantastische Vision: zwei Stunden bombastisches Kampfspektakel, nur damit am Ende zwei Liebende wieder zusammenkommen. (Warner)

(Foto: Verleih)

Ein Kampf am Meer, im Norden Englands, Northumberland. "Wenn Katelbach kommt/Cul-de-Sac", 1966, von Roman Polanski, der damit seine Karriere auf Touren brachte. Zwei Banditen müssen Zuflucht suchen in der Burg eines Ex-Industriellen, der sich dort mit seiner Freundin vergnügt. Die Situation eskaliert, weil Katelbach, ihr Boss, nicht kommen mag und telefonisch nur schwer zu erreichen ist. Und die Flut steigt. Überall schwirren Hühner herum. Lionel Stander und Jack MacGowran (der Professor aus dem "Tanz der Vampire") sind die tölpeligen Banditen, Donald Pleasance und Francoise Dorleac das kindische Lustpaar. Polanski mag die Nouvelle Vague nicht so sehr, also lässt er schöne Frauen vor seiner Kamera nicht schöne, sondern dumme Sachen machen. (Filmjuwelen)

Ein Drama aus dem Bürgertum von Beirut, der eine Mann ist ein libanesischer Christ, der andere ein Palästinenser: "Der Affront", von Ziad Doueiri. Ein Kampf um Würde, nur der Anlass ist höchst lächerlich: ein Abflussröhrchen, das von einem Balkon auf den Gehsteig spritzelt. Die Traumata und Massaker des Bürgerkriegs sind weiter virulent. Wie oft im Kino sind die beiden unversöhnlichen Gegenspieler sich eigentlich ganz nah, in ihrer stolzen Aufrichtigkeit. In ihrem professionellen Selbstverständnis. Lächerlich sind in dieser Hinsicht eher die Chinesen, die deutsche Wertarbeit abkupfern und, wenn sie ihren Produkten den falschen Markennamen Bosch aufpappen wollen, einen Buchstaben vergessen. (Alpenrepublik)

(Foto: Verleih)

Familientragödie im amerikanischen Western, das heißt, es gibt eine Menge Vater-Sohn-Konflikte: "Der Mann aus Laramie", 1955, von Anthony Mann. Sein erster Cinemascope-Film, er gebraucht das neue Format nicht nur, um die Bewegungen in seinen Landschaften neu zu strukturieren, sondern um eine Aura des Unerklärlichen, des Mysteriösen zu schaffen. James Stewart kommt aus Laramie, um zu klären, wer Indianern die Gewehre lieferte für einen brutalen Überfall auf eine Kavalleriepatrouille. Niemand schien etwas über ihn zu wissen, deutet das Titellied an, 'He had an air of mystery, he was not inclined to speak his mind, the man from Laramie'. (explosive media).

Gradlinig dagegen sind die Western des B-Picture-Meisters Joe Kane. "Karten, Kugeln & Banditen" erzählt von der Einrichtung eines Pony-Reiter-Systems, in Konkurrenz zu den langsameren Postkutschen. Ganz so gradlinig ist das ganze allerdings dann doch nicht, die Idee dazu kommt aus dem alten Europa, wo die Rothschilds es nutzten, um immer über die allerneuesten Entwicklungen an den Börsen informiert zu sein. (Western Perlen)

© SZ vom 20.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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