"Me Too"-Debatte:Neue schwere Vorwürfe gegen Dieter Wedel

Lesezeit: 2 min

Mehrere Frauen erheben neue Vorwürfe gegen den deutschen Regisseur Dieter Wedel. (Foto: Swen Pförtner/dpa)
  • Mehrere Frauen werfen dem deutschen Regisseur Vergewaltigung, versuchte Vergewaltigung und Mobbing am Filmset vor.
  • Zeugen bestätigen die Anschuldigungen.
  • Wedel selbst verzichtet auf eine Stellungnahme und verweist auf seinen angeschlagenen Gesundheitszustand. Nach einer Herzattacke liegt er seit Anfang der Woche im Krankenhaus.

Der bislang prominenteste Fall in der deutschen "Me Too"-Debatte zieht weitere Kreise. In einem Dossier der Wochenzeitung Die Zeit erheben mehrere Frauen neue, schwere Vorwürfe gegen den Regisseur Dieter Wedel.

So erzählt die Schweizer Schauspielerin Esther Gemsch, wie Wedel 1980 versucht haben soll, sie in einem Hotelzimmer zu vergewaltigen. "Er setzte sich rittlings auf mich, packte meinen Kopf bei den Haaren und schlug ihn immer wieder aufs Bett, einmal auch an die Wand und dann einmal auf die Bettkante", sagte die Schauspielerin der Zeit. Wegen der Verletzungen, die Gemsch nach diesem Vorfall davontrug, habe sie die Dreharbeiten zu der Serie "Bretter, die die Welt bedeuten", eine Produktion des Saarländischen Rundfunks (SR), abbrechen müssen. Ihre Rolle übernahm die Schauspielerin Ute Christensen.

Regisseur
:Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Dieter Wedel

Es geht um eine möglicherweise nicht verjährte Sexualstraftat. Der Regisseur liegt nach einer Herzattacke im Krankenhaus.

Auch Christensen erhebt schwere Vorwürfe gegen Wedel. Gegenüber der Zeit gab sie an, dass der Regisseur sie während des Drehs gemobbt und gedemütigt habe - weil sie eine Einladung auf sein Hotelzimmer ausgeschlagen habe. In der Folge habe die damals im zweiten Monat schwangere Schauspielerin einen Nervenzusammenbruch erlitten und sei ins Krankenhaus gekommen. Dort habe sie ihr ungeborenes Kind verloren.

Interne Schriftwechsel zwischen dem SR und der damalige Produktionsfirma Telefilm Saar zeigen, dass die Verantwortlichen über die Vorfälle informiert waren. Gemschs Anwalt hatte der Produktionsfirma einen Arztbrief mit einer Beschreibung der Vorwürfe zukommen lassen. Wedel stritt die Tat über einen Anwalt ab. Der Sender versuchte erfolglos zwischen der Schauspielerin und dem Regisseur zu vermitteln. Über die Auseinandersetzung Wedels mit Christensen heißt es in den Dokumenten, die Zeit-Reporter auswerten konnten, es sei eine "persönliche Angelegenheit" und "für die Redaktion erst dann wichtig, wenn die Arbeit ernsthaft gefährdet ist." Warum beim SR und der ARD damals niemand energisch auf die Vergewaltigungsvorwürfe reagierte, ist unklar.

Eine weitere Frau, die anonym bleiben möchte, berichtet im Dossier der Zeit, wie Wedel sie 1975 in seinem Auto vergewaltigt haben soll.

Sowohl Esther Gemsch als auch Ute Christensen haben gegenüber der Zeit eidesstattliche Versicherungen abgegeben. Aussagen von Zeugen am Filmset und von Freunden und Angehörigen der Frauen flankieren die Anschuldigungen.

Dieter Wedel selbst verzichtet auf eine Stellungnahme und verweist auf seinen angeschlagenen Gesundheitszustand. Anfang der Woche wurde bekannt, dass er nach einer Herzattacke im Krankenhaus liegt.

Schon vor drei Wochen hatten mehrere Frauen im Zeit-Magazin schwere Vorwürfe wegen sexueller Belästigung gegen den Regisseur erhoben. Die geschilderten Vorfälle sollen etwa 20 Jahre zurück liegen. Dieter Wedel bestritt die Anschuldigen. Mittlerweile ermittelt die Staatsanwaltschaft München wegen einer möglicherweise nicht verjährten Sexualstraftat gegen den Regisseur.

Anfang der Woche war Wedel als Intendant der Bad Hersfelder Festspiele zurückgetreten. In einer persönlichen Stellungnahme, die auf der Webseite des Theaterfestivals erschien, begründet er diesen Schritt so: "Seit mehr als zwei Wochen sehe ich mich einer nicht enden wollenden Flut schwerster, öffentlich in den Medien erhobener Anschuldigen und Vorwürfen ausgesetzt." Wedel weiter: "Ich höre von Menschen, denen fünfstellige Beträge für Aussagen gegen mich angeboten wurden." Er selbst verabscheue jede Form von Gewalt gegen Frauen - und gegen Männer.

© SZ.de/doer - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Sexismus und Sprache
:Gewalt gegen Frauen ist Gewalt von Männern

Frauen werden in der Öffentlichkeit sexualisiert und als Opfer marginalisiert. Der Fall Weinstein zeigt, wie die Sprache frauenfeindliche Strukturen in unserer Gesellschaft verfestigt.

Kommentar von Julian Dörr

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: