Reaktionen zum Tod von Martin Walser:"Seine Freude am Argument hat uns viele lebhafte Debatten beschert"

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"Ich wollte nie jemanden überzeugen", sagt der 1927 in Wasserburg am Bodensee geborene Martin Walser. "Ich wollte immer nur laut und öffentlich sagen, wie es mir geht." (Foto: Felix Kästle/dpa)

Der Tod des Schriftstellers löst Betroffenheit aus. Der Kanzler, Bundespräsident Steinmeier und weitere Politiker kondolieren.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat den verstorbenen Schriftsteller Martin Walser als großartigen Menschen und Schriftsteller von Weltrang gewürdigt. "Sein Werk umspannt mehr als sechs Jahrzehnte, und er hat die deutsche Literatur in dieser Zeit entscheidend geprägt", so Steinmeier in einem am Freitagabend veröffentlichten Kondolenzschreiben an die Witwe des Autors, Käthe Walser. Walser war in der Nacht zu Freitag im Alter von 96 Jahren gestorben.

Bis ins hohe Alter legte er immer neue Werke vor. "Wenn man in der deutschen Nachkriegsliteratur ein Beispiel nennen sollte für historisch bewusste, engagierte Dichtung, wer anders würde einem zuerst einfallen als Martin Walser?", so der Bundespräsident.

Bundeskanzler Olaf Scholz drückte in der Nacht zum Samstag via Twitter Walsers Familie sein Mitgefühl aus. "Seine Bücher haben Generationen gelesen, seine Freude am Argument hat uns viele lebhafte Debatten beschert", schrieb der SPD-Politiker.

Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) bezeichnete Walser als bedeutenden Intellektuellen. "In seinen literarischen Werken hat er die bürgerlichen Fassaden des Nachkriegsdeutschland als hohlen Schein entlarvt und ist dem Seelenleben der Deutschen auf den Grund gegangen", so Roth.

Bayerns Kunstminister Markus Blume (CSU) schrieb: "Wir haben mit ihm gelernt, uns selbst und unsere Gesellschaft besser zu verstehen."

Walsers Anmerkungen zum Umgang der Deutschen mit ihrer Vergangenheit in seiner Rede beim Friedenspreis des Deutschen Buchhandels hatten 1998 heftigen Widerspruch ausgelöst. Walser hatte damals von der "Instrumentalisierung unserer Schande zu gegenwärtigen Zwecken" gesprochen. "Auschwitz eignet sich nicht dafür, Drohroutine zu werden, jederzeit einsetzbares Einschüchterungsmittel oder Moralkeule oder auch nur Pflichtübung." Für seine Worte erntete der Schriftsteller heftige Kritik.

Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) schrieb, Walser habe Literatur geschaffen, die bleibe. "Als scharfer, tiefgründiger, immer wieder auch streitbarer Beobachter und Kommentator hat Walser der bundesrepublikanischen Geschichte der Nachkriegszeit seinen Stempel aufgedrückt. Seine Romane sind Spiegel und Reflexionsort der deutschen Zeitgeschichte und zugleich empathische und detailgenaue Studien der menschlichen Gattung."

Der Rowohlt Verlag schrieb, mit Martin Walser verliere man einen seiner bedeutendsten Autoren, der als Schriftsteller und Homo politicus über Jahrzehnte die deutsche Kultur geprägt habe. "Sein vielgestaltiges und sprachmächtiges Werk, sein Auftreten als öffentlicher Intellektueller werden lange über seinen Tod hinaus wirken", hieß es in einer Mitteilung. "Vom Beginn seines schriftstellerischen Schaffens an hat Martin Walser das gesellschaftliche und politische Geschehen auch als Redner und Essayist begleitet, er hat kritisch beobachtet, sich eingemischt und auch kontroverse Debatten ausgelöst, so etwa mit seiner Paulskirchenrede 1998."

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