Kurzkritiken zu den Kinostarts der Woche:Sprunghaftes Verhalten

Affären ohne Ende: In "Bocksprünge" darf jeder mal mit jedem. Auf andere Weise unbeständig ist der Vater in "Höhere Gewalt", der seine Familie angesichts einer Lawine im Stich lässt. Für welche Filme sich der Kinobesuch lohnt - und für welche nicht.

Von den SZ-Kinokritikern

Der Bauer und sein Prinz

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(Foto: dpa)

Werbung für die biologische Landwirtschaft, mit glücklichen Rindern, Schweinen und glücklichem Weizen. Prominenter Botschafter der guten Sache ist Charles, Prince of Wales, der seine Vision auf der Duchy Home Farm verwirklicht, mithilfe eines Farmmanagers, der im Dokumentarfilm von Bertram Verhaag ausführlich zu Wort kommt. Sehenswert ist der Film da, wo es ums Handwerk geht, der Prinz etwa das Prinzip der lebenden Hecke erklärt und selbst Äste dazu schneidet.

Bocksprünge

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(Foto: movienet)

Affären-Overkill und Beziehungskistenverhau: Udo betrügt seine Gattin mit deren bester Freundin Maja (Julia Koschitz), deren Ehemann wiederum sich mit Valerie vergnügt, die auch mal mit Udo ins Bett möchte. Eckhard Preuß spielt nicht nur den allzeit paarungsbereiten Platzhirsch Udo, er führt auch erstmals Regie und begibt sich bei diesem Rondo seitenspringender Spießerpärchen mit der Brechstange auf Pointensuche.

Einer nach dem anderen

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(Foto: Neue Visionen)

In der norwegischen Einöde räumt der zuverlässige Nils (Stellan Skarsgård) mit seinem Monstertruck-Schneepflug die Straßen. Als sein Sohn Opfer eines Drogengeschäfts wird, mutiert der Vater zum menschlichen Räumgerät: Er nimmt Rache an den Tätern, kalt und erbarmungslos wie der Winter in Norwegen. Blut spritzt, "Fargo" lässt grüßen. Besonders überraschend ist Hans Petter Molands Geschichte nicht, aber man folgt ihm gern in die schöne weiße Landschaft.

Die Legende der Prinzessin Kaguya

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(Foto: dpa)

Die alten Herren ziehen sich aus ihrem Studio Ghibli zurück, nach Meister Miyazaki verabschiedet sich nun auch Isao Takahata, mit einem letzten, betörend luftigem und zugleich melancholischen Film, der dem Blühen, Sprießen, Flattern und Zirpen der Natur huldigt und zugleich trunken ist von der Melancholie des Abschieds. Wie alle Ghibli-Mädchen ist auch die wundersame Bambusprinzessin, die sich wie die kleine Meerjungfrau nach dem echten Leben bei den Menschen sehnt, ausgesprochen eigensinnig und unabhängig. Die opaken Manga-Flächen lösen sich auf, zugunsten traditioneller Aquarell- und Tuschetechniken und wenn das Mädchen gegen gesellschaftliche Zwänge rebelliert, entwickeln die Bilder expressionistischen Furor.

Höhere Gewalt

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(Foto: dpa)

Katastrophe! Eine Lawine rast zu Tal im französischen Edelskigebiet, auf die Aussichtsterrasse des Hotels zu, ein angenehmer Grusel, aber keine Sorge, beruhigt der Vater Kinder und Frau, dann aber lässt er in Panik doch die Familie im Stich. Die Lawine stoppt. Eine Katastrophe, das väterliche Heldenbild ist zerdeppert, und wie alle nun an der neuen Jämmerlichkeit laborieren, die Frau wohl mehr noch als der Mann, daraus bastelt Ruben Östlund ein beklemmendes, komisches Kammerspiel.

Love Supreme

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(Foto: Jürgen Brinkmann)

Die schlechte Nachricht: Rock'n'Roll is dead! Die noch schlechtere: So lasch sich dieser Satz auf der Zunge anfühlt, so müde wir darüber lächeln - das ist in etwa das Pendant zum Sexappeal dieses Dokumentarfilms. In einer zähflüssigen, scheinbar willkürlich aneinander gefügten Oral History (beste Zitategeber: Peter Maffay und Louisiana Red) erzählen Steffen König und Olaf Neumann so ziemlich nichts Neues über die Faszination E-Gitarre, schwelgen dafür lieber im "Alte-Männer"-Musikgeschmack der Siebziger.

My Old Lady

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(Foto: dpa)

Spätes Regiedebüt des 75-jährigen amerikanischen Dramatikers Israel Horovitz: Mathias (Kevin Kline) ist emotional und finanziell am Ende, als er nach Paris kommt, um sein Erbe anzutreten. Sein Vater hat ihm einen letzten Streich gespielt: Zu dem grandiosen Appartement gehört auch seine 90-jährige Ex-Geliebte (Maggie Smith). Was als Komödie beginnt, ist eigentlich ein Drama darüber, dass die Zeit nicht alle Wunden heilt.

No Good Deed

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(Foto: dpa)

Ein Mörder (Idris Elba) bricht aus dem Gefängnis aus und terrorisiert im Zuge eines großen Rachegesamtplans an seiner Ex-Freundin eine Mutter und deren Kinder im Vorstadtreihenhaus. Was die Mum mit der alten Liebschaft verbindet, ist recht schnell absehbar, weshalb Sam Millers Thriller neben theatralisch inszenierten Regentropfen und gruselig-hölzernen Dialogen vor allem ein Problem hat: Er ist fad.

Ein Schotte macht noch keinen Sommer

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(Foto: © Origin Pictures)

Kindermund tut Wahrheit kund, während Erwachsene sich in Lebenslügen verheddern. Das Konzept ihres britischen Sitcom-Hits "Outnumbered" haben die Regisseure Andy Hamilton und Guy Jenkin fürs Kino satirisch ausgemalt. Showtime für drei Kids, die ihren zerstrittenen Eltern (Rosamund Pike, David Tennant) bei einer Familienfeier in den schottischen Highlands eine Lektion in Witz und Wahrhaftigkeit erteilen.

Traumland

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(Foto: Zodiac Pictures Ltd.)

Petra Volpe ist eine Schweizer Filmemacherin, die in Berlin studiert hat. Hier schaut sie auf ihre Heimat zurück - und sieht wahrhaft die Hölle auf Erden. Selbst die gutherzigsten Menschen in diesem Episodenfilm, der an Heiligabend in Zürich spielt, kommen mit Liebe und Sex nicht klar, belügen ihre Partner und zerstören das bisschen Intimität, das sie noch haben. Der Rest ist religiös verklemmt und bösartig, geil und spießerhaft verlogen, fremdenfeindlich und gönnerhaft - wahrhaft ein einig Volk von Brüdern (und Schwestern). Harter Stoff also - aber auch faszinierend in der Konsequenz, mit der es gerade den Schwächsten an den Kragen geht, in diesem Fall der jungen bulgarischen Prostituierten, die alle anderen Schicksale berührt.

Die Tribute von Panem - Mockingjay Teil 1

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(Foto: dpa)

Der Spotttölpel startet durch, der Mockingjay, der als Wappenvogel der Revolutionäre von Panem fungieren und den Widerstand entzünden soll. Dahinter verbirgt sich Jennifer Lawrence als Katniss Everdeen, der Superstar der großen Hunger Games. Der dritte Teil der erfolgreichen Romantrilogie von Suzanne Collins - fürs Kino zweigeteilt, wie schon bei Harry Potter und der Twilight-Clique - bunkert sich ein, im unterirdischen Distrikt 13 wird an Aufstand und Umsturz gewerkelt. Mit dem gleichen Quantum an Zucht und Drill, den auch der strenge Präsident Snow entfaltet. Die Welt oben verwandelt sich inzwischen in eine öde Trümmerwildnis. Die ausführliche SZ-Filmrezension lesen Sie hier.

© SZ vom 20.11.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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