Kurzkritik:Triumph in Moll

Das Pavel Haas Quartett in Hochform

Von Harald Eggebrecht, München

- Ein Abend in Moll, doch einer des Jubels: Wie das Prager Pavel Haas Quartett - die ingeniös biegsame Veronika Jarůšková als Primaria; der geschmeidige, stets prägnante Marek Zwiebel, 2. Geige; Radim Sedmidubský, als neuer, Profil gebender Bratscher, der dem Gründungsmitglied Pavel Nikl folgt, der aus familiären Gründen ausgeschieden ist; Peter Jarůšek als grundierender, stets inspirierender Cellist - im Herkulessaal Sergei Prokofjews op. 50 in h-moll, Dmitri Schostakowitschs op. 110 in c-Moll und Ludwig van Beethovens op. 59, 2 in e-moll bot, war denkwürdig und am Ende restlos begeisternd. Die Musiker dankten mit einer ebenso charmanten wie fetzigen Erwin-Schulhoff-Zugabe.

Leider werden die zwei Quartette Prokofjews selten gespielt. Doch wenn sie so virtuos und gleichsam aufeinander zu dargeboten werden, wie hier das erste von den "Pavel-Haas"-Leuten, dann entfaltet sich Prokofjews Mischung aus exaltierter Melodik, rhythmischem Furor und melancholischem Verwehen am Schluss bezwingend. Schostakowitschs sich aus dem Namensmotiv D(mitri)-S-c-h(ostakowitsch) zur wüsten Tour de Force steigerndes, dann ländlerhaft sarkastisch sich zähmendes und über zwei Largosätze hin in namenloser Bitterkeit endendes Stück gelang den Musikern in einem, den Atem nehmenden großen Bogen, voller heftiger Kontrastsensationen, doch bis ins Feinste aufeinander abgestimmt, immer von der spontanen Kraft zum untrennbaren Vierer "gespräch" erfüllt. Geradezu schockierend, dass Beethovens op. 59, 2 keineswegs zeitlich entfernter klang: Moderne Musik in aller Frische und Unabgegoltenheit, geprägt von der maßstabsetzenden Qualität dieser vier Streicher, im einzelnen wie in der fabelhaften Verwobenheit als Quartett. Toll!

© SZ vom 30.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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