Kurzkritik:Rein-Energie

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Fai Baba aus Zürich brilliert in der Milla

Von Martin Pfnür, München

Das Lied vom gebrochenen Herzen macht gefühlt ja bereits seit der Kreidezeit einen wesentlichen Bestandteil jedes Rock- und Pop-Albums aus. Trennungsschmerz, unerfüllte Liebe, wehmütiges Zurückblicken - alles schon abertausendmal gehört. Anders sieht es bei der musikalischen Herangehensweise aus, die sich zwar ebenfalls meist ähnelt, und doch auch immer wieder mal ganz anders ausfällt als vermutet. Wo der gemeine Musiker seinem Liebesschmerz zumeist mit Moll-Akkorden, elegischer Atmosphäre und schmerzerfülltem Gesang Ausdruck verleiht, verwandelt zum Beispiel der Zürcher Fabian Sigmund seine Negativ-Emotionen auf der Bühne bevorzugt in reine Energie.

"Sad and Horny" heißt das Album, das der von seiner langjährigen Freundin verlassene Schweizer als Fai Baba in der nur mäßig gefüllten Milla vorstellt. "Traurig und spitz" also, ein Titel, der an sich schon gegen sämtliche Liebeslied-Konventionen verstößt, die das live mittlerweile zum Quartett erweiterte Kernduo - bestehend aus Sigmund und dem großartigen Drummer Domi Chansorn - musikalisch entsprechend lustvoll aushebelt.

"Find Me a Woman", das den Aufbruch zu neuen Liebes-Ufern ankündigt, ist ein Song, der sich mit seinem ebenso krautrockig repetitiven wie psychedelisch geprägten Soundgefüge zu etwas aufschwingt, das mit dem Wort "Ekstase" nur unzureichend umschrieben ist. Komplett entfesselt und endlos um ein Motiv kreiselnd, fusionieren da am Ende Gitarre, Schlagzeug, Bass und Orgel im Crescendo zu einem musikalischem Mahlstrom, dessen intensive Wirkung sich am anschaulichsten in den Gesichtszügen des Organisten widerspiegelt.

Eben diese Momente sind es auch, welche aus einer sehr guten Band, die sich der Tiefe und dem dunklen Zauber der Blue Note bestens bewusst ist, eine brillante Band machen. Jack Kerouac, Aushängeschild der Beat-Generation, erzählt in seinem Hauptwerk "On the Road" mal von einem wild ausufernden Jazz-Konzert, bei dem es zu einer Art Symbiose zwischen Band und Publikum, zu einem kompletten Angeschlossensein an etwas kommt, das der Erzähler recht diffus mit einem bloßen "it" beschreibt. Nach Abenden wie diesen erschließt sich, was er damit meint.

© SZ vom 18.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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