Kurzkritik:Leichtfüßig

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Liana Issakadze mit Vivaldi und Bach im Herkulessaal

Von Harald Eggebrecht, München

- Da war er wieder, der leichte Bogenansatz, jener Strich gemischt mit feuriger Intensität, mit dem die georgische Geigerin Liana Issakadze weltbekannt geworden ist. Blutjung studierte sie einst bei David Oistrach, wurde seine Assistentin, gewann internationale Preise und leitete später das Georgische Kammerorchester, das 1964 in Tbilisi gegründet wurde und 1990 ins Exil nach Ingolstadt ging, viele Jahre lang mit wachsendem Ruhm. Nun also stand sie bei den Residenz-Solisten auf dem Podium mit einem gleichsam "reinen" Weihnachtsprogramm: Antonio Vivaldis unverwüstliche Vier Jahreszeiten-Violinkonzerte, Arcangelo Corellis Concerto grosso g-Moll und Johann Sebastian Bachs Doppelkonzert, zu dem sich der berühmte Maxim Vengerov dazu gesellte, um Liana Issakadzes 70. Geburtstag zu feiern. Das Doppelkonzert geriet etwas zerfahren und auch die Prokofjew-Zugabe gelang den beiden vor lauter gegenseitiger Liebenswürdigkeit nur fragmentarisch.

Die Residenz-Solisten traten zu sechst an, was die Schwierigkeiten für die Präzision im Zusammenspiel und in der Intonation erhöht. Man hört nämlich so jede Trübung, jedes Wackeln. Doch geriet ihnen Corelli fein und überzeugend. Issakadze spielte ihre Soli bei Vivaldi manchmal mit verwegenem Mut, verzichtete auf jegliche Vibrato-Aufgeregtheiten und fand für die langsamen Sätze vielfältige Farbnuancen.

Es ist immer erstaunlich, wenn eine so temperamentvolle Künstlerin wie Liana Issakadze ihre Energien zu zügeln weiß und gerade dadurch zu schönen Wirkungen der versammelten Ruhe, der gespannten Melodieführung und des verinnerlichten Klangs kommt. Dem rauschenden Beifall dankte sie mit einem Ausschnitt aus Bachs Ciaccona und der Kadenz aus Dmitri Schostakowitschs erstem Violinkonzert. Beides zeigte, welche Kräfte an Expressivität und klanglicher Variabilität die Meisterin freisetzen kann. Und der abschließende Tango bewies, wie schwungvoll und mit wie viel Humor Liana Issakadze zu musizieren weiß.

© SZ vom 27.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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