Kurzkritik:Keck und klar

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Narek Hakhnazaryan und das Münchner Kammerorchester

Von Harald Eggebrecht, München

Was braucht ein wahrer Solist? Bühnenpräsenz, Charme, Ausstrahlung, bezwingende Konzentrationskraft, technische Beherrschung des Instruments und Reaktionsschnelligkeit sowieso - und natürlich einen attraktiven oder unverwechselbar ausdrucksvollen Ton. Soweit die gleichsam äußeren Qualifikationen.

All das besitzt der Cellist Narek Hakhnazaryan, 1988 im armenischen Jerewan geboren, auf die gewinnendste Weise. Doch sind das alles nur Voraussetzungen für das Wesentliche: die Musik. Bei dieser Matinee im Prinzregententheater bewies nun der Jungstar, dass er zu Recht unter die besten Cellisten nicht nur seiner Generation gezählt wird, weil er Phrasierungsfreiheit und klangliche Phantasie in reichem Maße einsetzt, um die Musik eben nicht routiniert, sondern frisch, liebevoll und aufmerksam zu verwirklichen. Er spielte mit dem von Konzertmeister Daniel Giglberger sicher und inspirierend angeführten Münchner Kammerorchester das Nocturne und die Rokoko-Variationen von Peter Tschaikowsky. Mit seinem schlanken, sehr schön von der Bassregion bis in den Diskant durchgebildeten Ton, der also in der Tiefe nicht grummelt und in der Höhe nicht quiekt oder schreit, hielt Hakhnazaryan das Nocturne fern von vermeintlich russischem Pathos, er sang es dagegen als zartes Lied aus. Die Variationen hatten zwar Momente des manchmal leicht Manierierten. Aber wie er die Folge der Veränderungen keck charakterisierte, immer auf Klarheit der Artikulation bedacht, überzeugte Orchester und Publikum gleichermaßen. Der Begeisterung dankte er mit einer Pēteris-Vasks-Zugabe: virtuos, klangsinnlich, farbenreich.

Davor bestach das MKO zuerst mit sechs Deutschen Tänzen von Franz Schubert, instrumentiert von Anton Webern, durch Feinheit und geistvolle Pointierung. Wie verblüffend und überrumpelnd witzig Musik sein kann, zeigte das Orchester mit einer glänzenden Aufführung von Joseph Haydns 60. Symphonie, es war ein reines Vergnügen.

© SZ vom 27.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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