Kurzkritik:Kammermusikkunst

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Das Mandelring-Quartett im Max-Joseph-Saal

Von Harald Eggebrecht, München

Felix Otto Dessoff war höchst erfolgreich als Dirigent in Wien, Karlsruhe und Frankfurt tätig. Zudem lehrte er Komposition in Wien, zu seinen Schülern zählten die später weltberühmten Dirigenten Artur Nikisch und Felix Mottl. In Karlsruhe leitete er die Uraufführung von Johannes Brahms' 1. Symphonie. Die Nazis wollten in antisemitischem Hass Dessoffs Namen vergessen machen. Nach 1945 dauerte es, bis er wiederentdeckt und in seiner Bedeutung gewürdigt wurde. 2005 hat ihm das Jüdische Museum Frankfurt eine Ausstellung gewidmet.

Als Komponist fühlte er sich Brahms nahe, das zeigt sein F-Dur-Streichquartett, mit dem das Mandelring-Quartett (Sebastian und Nanette Schmidt, Violine; Andreas Willwohl, Viola; Bernhard Schmidt, Violoncello) den zweiten Abend seines München-Zyklus, diesmal "Brahms und seine Zeitgenossen", begann. Das klingt unmittelbar hell, liebenswürdig, satztechnisch anspruchsvoll, ohne aufgesetzte Gelehrsamkeit und nie epigonal. Es machte den "Mandelringen" sichtlich Spaß, mit diesem eleganten Stück zu überraschen. Antonin Dvořáks op. 96 ist eines der ganz großen Werke des Repertoires. Die Musiker reizten es mit avancierter Kammermusikkunst aus, die Vitalität des Kopfsatzes, die immer berührende sehnsuchtserfüllte Weite des Lento, den rhythmischen Witz des Scherzo und das unwiderstehliche Feuer des Finales. Das erste Quartett von Brahms wurde dann vor allem in den Ecksätzen eine düstere, auch zerklüftete c-Moll-Klangwelt. In der Romanze entfalteten die "Mandelringe" jene Wehmut bis ins Pianissimo, die Brahms'sche Musiklandschaften gerade in langsamen Sätzen oft prägt.

Besonders gelang der dritte Satz in seiner weich schaukelnden Gangart. Das hatte verhaltenen Charme und einen Hauch von tänzerischem Swing. Danach aus Peter Tschaikowskys op. 11 die zarte Kantilenenseligkeit des langsamen Satzes. Übrigens störte die knallige Akustik des Saales diesmal deutlich weniger dank der zugezogenen Vorhänge.

© SZ vom 02.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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