Kurzkritik:Heiter im Ernst

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Münchner Symphoniker im Herkulessaal

Von Ekaterina Kel, München

Wie bringt man Ironie zum Erklingen? Die Antwort darauf gaben die Münchner Symphoniker unter der Leitung von Gastdirigent Andriy Yurkevych im Herkulessaal. Der Ukrainer zeigte eine unermüdliche Lust an der Freude und fand seinen eigenen Weg, mit Ludwig van Beethovens 8. Symphonie umzugehen.

Üblicherweise wird in dem Werk eine ironische Note herausgehört. 1812, als Beethoven die Achte schrieb, stand er kurz vor der persönlichen Krise, die Taubheit schritt unaufhaltsam voran. Und ausgerechnet dann schreibt er diese auffällig heitere Symphonie, diesen fröhlichen zweiten Satz, wo doch normalerweise ein langsamer, melancholischer stehen sollte? Für manche Analytiker ein klarer Fall: Ironie trieb den Mann zu solchen Noten. Die hüpfenden Basstöne, die lieblichen Geigen - nur vorgeschobene Oberfläche. Darunter müsse sich wohl ein tiefer Schmerz verbergen. Ob das der Wahrheit entspricht, wird man niemals erfahren. Eines signalisiert Andriy Yurkevych mit seinem Dirigat aber eindeutig: Ironie lässt sich am besten hörbar machen, wenn man sie nicht absichtlich beschwört. Die Antwort muss maximale Freude heißen. Und so spricht große Zuversicht aus dem ersten Satz. Feierlich und unermüdlich springt sie auch auf den zweiten Satz über, das ungewöhnliche "Allegretto scherzando" tänzelt bewusst heiter voran.

Gastdirigent Andriy Yurkevych arbeitet mit großem Vergnügen das Spielerische heraus, legt sehr viel Wert auf die theatrale Koketterie der Melodien - und lächelt stets dazu. Nein, will dieses Lächeln sagen, Beethovens Schmerz ist hier nicht direkt zu hören. Wer mag, kann tiefer bohren. Aber dann vor allem bei sich selbst. Es ist ein kluger Weg. In diesem Fall kann man den fröhlichen Klang also sehr ernst nehmen - bis das Süße von ganz alleine seine Botschaft entwickelt.

© SZ vom 11.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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