Kurzkritik:Groß erzählt

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Truls Mørk spielt Eward Elgars Cellokonzert

Von Harald Eggebrecht, München

- Es gehört im Cello-Repertoire zu den zentralen Stücken spätester Romantik, das Cellokonzert von Edward Elgar. Elgar selbst hat es mit der Cellistin Beatrix Harrison eingespielt, durchaus streng in Rhythmus und Tempo und frei von Sentimentalität. Doch hat es sich durch Jaqueline du Pre leider gerade bei jungen Solisten eingebürgert, sich hier überbordend gefühlig und rubatoselig auszutoben. Dabei geht alles verloren, was dieses Konzert ausmacht: Noblesse, Trauer, Wehmut, auch Leidenschaftlichkeit, aber auch seine Diskretion und Inständigkeit.

Im Prinzregententheater konnte das Publikum nun diese "Cellosymphonie" als groß angelegte Erzählung erleben, seine lyrischen wie dramatischen Momente ebenso wie seine virtuose Eleganz und seine deklamierende Emphase. Der norwegische Cellomeister Truls Mørk versenkte sich in diese Musik so empfindungsreich, so intensiv im Ton, mit so weiter Perspektive, wie man dieses Stück seit langer Zeit nicht mehr gehört hat. Innig, ohne larmoyant zu werden, heroisch im Tonvolumen, aber nie großspurig tönend, kühn, ja, atemlos machend im Decrescendo, Verdämmern, Erblassen bis ins Verlöschen hinein. Und von einer Staunen erregenden Artikulationsdeutlichkeit - grandios. Das Bergen Philharmonic Orchestra unter Edward Gardner begleitete und folgte dem imposanten Barden Mørk auf diesem, das Geheimnis und die Versonnenheit dieses Konzerts unvergesslich beschwörenden Weg mit jener Achtsamkeit, bei der man die Verehrung für diesen einzigartigen Künstler sofort spürt. Als Zugabe die Sarabande aus Johann Sebastian Bachs 2. Solosuite, in sich gekehrt, zart, und doch prägnant.

Obwohl die "Bergener" unter dem agil sich einsetzenden Gardner eine flotte Rienzi-Ouvertüre von Richard Wagner boten, ihnen Hector Berlioz' Symphonie fantastique als fulminantes Instrumentaltheater gelang, und die Zugaben von Elgar und Edvard Grieg keine Wünsche offen ließen, war es der Abend des wunderbaren Erzählers Truls Mørk.

© SZ vom 21.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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