Kurzkritik:Glatt glänzend

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Die Folk-Schwestern "First Aid Kit" in der Muffathalle

Von Christiane Lutz, München

Hin und wieder hat man die Gelegenheit, Musiker bei ihrem künstlerischen Erwachsenwerden beobachten zu dürfen. Dafür müssen die allerdings sehr früh anfangen mit der Musik, so wie Klara und Johanna Söderberg. Vor zehn Jahren tauchte ein Video auf, in dem die noch nicht volljährigen schwedischen Schwestern wie scheue Wichtel im Wald saßen und den "Mountain Peasant Song" der Fleet Foxes coverten. Sie taten das mit Würde und solch glasklaren Harmonien, wie sie vielleicht nur verwandte Stimmen zustande bringen können.

Zehn Jahre später haben First Aid Kit fünf Alben aufgenommen touren praktisch ununterbrochen um die Welt. In der ausverkauften Muffathalle spielen die Schwestern dann nicht nur Songs ihres jüngsten Albums "Ruins", sondern auch der beiden Vorgänger "The Lion's Roar" und "Stay Golden". Ihr Sound hat sich von simplem Folk in Richtung eingängigem Country entwickelt, so ist inzwischen immer ein Schlagzeuger, ein Pianist und ein Musiker an der Steelguitar dabei. In stark amerikanisiertem Englisch scherzen die Musikerinnen mit dem Publikum und demonstrieren vor hübschen Visuals, wie unglaublich professionell, wie erwachsen sie geworden sind. Auch eine politische Botschaft schicken sie hinaus, mit ihrem für die "Me too"-Bewegung komponierten Protest-Song "You are the Problem here". Nun sollte man Musikern keinen Vorwurf daraus machen, dass sie ihr Handwerk immer besser beherrschen und Routine entwickeln. Das Herz eines jeden First-Aid-Kit-Konzerts ist, und das ist das Schöne, noch immer die Harmonie. Am stärksten sind die Schwestern, wenn sie sich darauf verlassen, wie etwa beim neuen "Hem Of Her Dress", das sie ohne Mikrofon singen oder in der von ihnen grandios gemeisterten Disziplin des Coverns ihrer Idole, diesmal in einer wagemutigen Version von Kate Bushs "Running Up That Hill". Es ist es ein glatteres, vielleicht oberflächlicheres Erlebnis, First Aid Kit heute zu erleben als noch vor sechs Jahren - aber ein Erlebnis ist es immer noch.

© SZ vom 03.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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