Kurzkritik:Farbenzauber

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Duo Troussov in der Allerheiligen Hofkirche

Von Harald Eggebrecht, München

Ludwig van Beethoven verlangt in der "Kreutzersonate" für Klavier und Violine fast Unmögliches: eine Kammermusik, geschrieben "in uno stilo molto concertante, quasi come d'un concerto". Also eine Art Doppelkonzert ist angestrebt, das heißt, beide Musiker müssen wahrlich ebenbürtig sein und sich gegenseitig äußerst herausfordern, was Dramatik, Virtuosität, Ausdrucksintensität und Phrasierungsintelligenz angeht. Felix Mendelssohn Bartholdys späte F-Dur-Violinsonate dagegen, die erst 1953 von Yehudi Menuhin entdeckt worden ist, setzt auf frische Helligkeit, Glanz und Eleganz im Kopfsatz, frei fließende Kantabilität im Adagio und pulsierend prickelnde Leichtigkeit im Schlusspresto.

Die Geschwister Kirill Troussov und Alexandra Troussova sind ein eingeschworenes Team seit Kindertagen. Als sie nun in der bestens besuchten, akustisch allerdings etwas den Glanz nehmenden Allerheiligen Hofkirche mit Beethoven begannen, gelang besonders der gefürchtete Variationsmittelsatz, weil sie ihn mit konzentrierter Liebenswürdigkeit und Aufmerksamkeit realisierten. Dagegen fehlte den Ecksätzen ein wenig das Concertare, der Konzertkampf zwischen den beiden. Da blieb Alexandra Troussova doch zu mild in den Kontrasten und Erschütterungen.

Dass Kirill Troussov ein Meister der hellen, leicht hingezauberten Farben ist, der aus den dunklen Zonen der Musik rasch ins Lichte strebt, ist bekannt. Also wurde Mendelssohns Sonate zur Feier eines strahlenden Diesseits, immer ungemein gefasst, fein strukturiert und leichtfüßig virtuos geboten. Das gilt auch für Tschaikowskys "Meditation" und "Valse-Scherzo". Nie verraten die Troussovs solche Musik an dickliche Sentimentalität, auch hier gilt es, ernst zu machen mit lyrischer Expression. So nobel, wahrlich schön und empfindungsreich gaben sie Jules Massenets "Meditation" aus dessen Oper "Thais" zu, und rasch ein paar Variationen aus Niccolò Paganinis "Carnevale di Venezia". Jubel!

© SZ vom 17.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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