Kurzkritik:Erdige Farben

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Das Minguet Quartett im Nymphenburger Hubertussaal

Von Harald Eggebrecht, München

Große Ensembles haben je ihren eigenen Klangcharakter, das gilt für Orchester von Rang ebenso wie für Streichquartette. Das Minguet Quartett (Ulrich Isfort, Annette Reisinger, Violinen; Aroa Sorin, Viola; Matthias Diener, Violoncello) hat sich einen Namen unter anderem mit Gesamtaufnahmen der Quartette von Wolfgang Rihm, Peter Ruzicka und Jörg Widmann gemacht. Aber auch zur klassischen Romantik Robert Schumanns oder zur späteren von Johannes Brahms findet diese Formation, die schon seit 21 Jahren weltweit und erfolgreich unterwegs ist, einen eigenen charakteristischen Ton, der geprägt ist von Herbheit, elastischer Strenge und erdigen Farben.

Im Hubertussaal spielten sie Schumanns 3. Quartett daher nicht konventionell auf Schwung und weiche Poesie, sondern entfalteten dessen Kompositionswissenschaft in widerständig ruhigen Tempi und rhythmischer Attacke. Mit ungemein durchgehaltener Kantabilität entstand die Bearbeitung eines Liedes von Clara Schumann, der sogleich Sofia Gubaidulinas bitteres 1. Quartett von 1971 folgte. Die Komponistin hat die Idee des Stückes als "sehr pessimistisch" beschrieben: "Anfang sitzen die Spieler normal nebeneinander und korrespondieren ganz normal. Allmählich verlieren sie diese Einigkeit. Und am Ende befinden sich alle vier in den Ecken der Bühne und verlieren den Zusammenhang, sie hören einander nicht, verstehen nicht." Nach anfänglicher Verunsicherung konnten die Zuhörer diese Idee aufgrund des so expressiven wie auch theatralisch eindeutigen Spiels der "Minguets" nachvollziehen und dankten mit starkem Applaus.

Nach der Pause dann das 1. Quartett von Brahms, der sich bei diesem Genre ähnlich schwer tat, bis er zu für ihn akzeptablen Ergebnissen kam, wie bei der Symphonie. Es wurde eine intensive Aufführung mit verhangenen Farben und starken Ausdrucksgesten.

© SZ vom 04.06.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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