Kurzkritik:Beifallsorkan

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Nemanja Radulović beim Kammerorchester

Von Harald Eggebrecht, München

Den gewaltigen, inzwischen weitberühmten schwarzen Haarschopf hatte Nemanja Radulović hochgebunden, ansonsten erschien er als vergnügt und inspiriert geigender und bratschender Virtuose erster Klasse beim Münchener Kammerorchester (MKO) im Prinzregententheater. Bei allen Showaspekten, dieser junge Mann, Jahrgang 1985, ist vor allem ein höchst kommunikativer Musiker, zuerst mit den Mitgliedern des Münchener Kammerorchesters, dann mit dem Publikum. Radulović will von der ersten Sekunde an Musik so machen, dass sie fesselt, einen anspringt und so frisch und jung erklingt, wie er es selber ist.

Plötzlich waren also die etwa 300 Jahre zwischen der Entstehung von Johann Sebastian Bachs a-moll-Violinkonzert und der Aufführung jetzt wie weg geblasen. Das hatte Schmiss, Feuer und Präzision. Ensemble und Solist sprühten vor Schwung und gegenseitiger Aufmerksamkeit in den raschen Ecksätzen, und beide hörten einander sorgsam zu im innig ausgespielten Andante. Ganz ähnlich erging es dem Viola-Konzert, das zwar als eines von Johann Christian Bach ausgegeben wird, aber vom Bratscher Henri Casadesus (1879 bis 1947) stammt, dem Onkel des berühmten Pianisten Robert Casadesus. Dieses Hybridstück klingt so attraktiv "vorklassisch" und im Adagio so einnehmend ausdrucksvoll, dass sein Ruf als interessante Repertoirebereicherung voll berechtigt ist. Zumal dann, wenn es so beschwingt, geistesklar und wohlproportioniert geboten wird wie hier von Radulović und dem MKO. Der brausende Beifall steigerte sich nach der wieder auf der Violine hingefegten "Paganiniana" à la Nemanja Radulović zum Orkan.

Das MKO zeigte eingangs mit Edward Elgars gleichsam sonnenbeschienener Streicherserenade op. 20 und erst recht mit Edvard Griegs hinreißender Holberg-Suite, welchen Spaß es gemacht haben muss, dieses Programm mit einem solchen, im besten Sinne unterhaltsamen Solisten einzustudieren. Bravi!

© SZ vom 26.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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