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Das Skride-Quartett in Grünwald

Von Harald Eggebrecht, Grünwald

- Dass vier beziehungsweise fünf hervorragende Musiker nicht automatisch auch eine Kammermusikformation von Rang sein müssen, ist bekannt. Dennoch erwartet ein Auditorium bei der Versammlung berühmter Solistennamen auf dem Podium fraglos etwas Besonderes. Es muss nicht eingeschworene Ensemblekunst sein, wie sie bedeutende Streichquartette auszeichnet. Das kann im Falle von Solisten-Combos mal die pure Spiellust sein oder der Wettbewerb untereinander: Wer spielt eine Phrase am schönsten, wer hat den sonorsten Ton, wem fällt pure Virtuosität am leichtesten, wer ist der inspirierende Geist für alle und so fort. Oder man erlebt plötzlich den glücklichen Moment mitreißenden Gelingens.

Solcherart Erwartungen lagen über dem akustisch für Streicher so überaus dankbaren August-Everding-Saal, als die Schwestern Baiba (Violine) und Lauma Skride (Klavier) mit Lise Berthaud (Viola) und Harriet Krijgh (Violoncello) zuerst das in der musikalischen Substanz noch wenig ergiebige c-Moll-Klavierquartett des jungen Richard Strauss spielten und nach der Pause mit dem glänzenden Kontrabassisten Dominik Emanuel Wagner Franz Schuberts einzigartiges "Forellenquintett" aufführten. Mochten beim Strauss-Stück noch die Schwächen (etwa das Finale) eine Rolle spielen, dass mehr der Eindruck von Notentext-Absolvieren entstand, so wirkte Schuberts Quintett merkwürdig beiläufig. Es war, als musizierten die fünf das Werk von außen, manchmal sogar so, als ob es nur von Einsatz zu Einsatz ginge. Scharf gesagt, es fehlte an gestaltender Kraft, an strukturierendem Geist, an pointierendem rhythmischen Witz, an zwingender Phrasierungsabstimmung und Binnenspannung. Die Variationen des Andantino plätscherten ohne Perspektive vorüber, auch wenn Baiba Skride das Thema wunderbar einfach intoniert hatte. Nur im Scherzo packten die fünf mit Risikolust zu. Doch die tiefere Wahrheit des Quintetts wollte sich nicht einstellen.

© SZ vom 06.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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