Kunstmarkt:Falscher Heiliger

Sotheby's hat einen gefälschten Parmigianino entdeckt. Damit erhärtet sich der Verdacht, dass sämtliche Gemälde aus der Sammlung Ruffini gefälscht sind. Wie viele Werke aus der Sammlung noch auf dem Markt sind, ist offen.

Von Michael Kohler

In der Kunstmarktaffäre Ruffini um gefälschte alte Meister gibt es ein neues Opfer zu verzeichnen: Das Auktionshaus Sotheby's meldet, dass es auf einem dem italienischen Maler Parmigianino (1503-1540) zugeschriebenen Heiligenbildnis an 21 Stellen moderne Farbpigmente gefunden hat und dass sich diese Fremdkörper nicht mit Restaurationsarbeiten erklären lassen. Sotheby's erstattete dem Käufer des "Heiligen Hieronymus" bereits den Kaufpreis von 842 000 Dollar und verklagte dessen Einlieferer, einen luxemburgischen Kunsthändler, auf Rücknahme des Gemäldes.

Der Parmigianino ist nach einem Frans Hals-Porträt bereits der zweite alte Meister, den Sotheby's für eine moderne Fälschung hält - und abermals wurde er von Guilano Ruffini in den Kunstmarkt gebracht. Gegen den französischen Sammler ermitteln die Pariser Behörden. Eine Lucas Cranach zugeschriebene "Venus", die sich im Besitz der Fürstlichen Sammlungen Liechtenstein befindet, wurde von der Polizei beschlagnahmt.

Mit der neuen Entdeckung erhärtet sich der Verdacht, dass sämtliche Gemälde aus der Sammlung Ruffini moderne Fälschungen sind. Wie viele Werke Ruffini in den Handel brachte, ist derzeit noch völlig unklar: Dem französischen Journal des Arts berichtete Ruffini von einem knappen Dutzend Arbeiten, darunter solche, die als Originale von Jan Brueghel, Antoon van Dyck und Correggio gelten; ein Gemälde von Orazio Gentileschi, das als private Leihgabe in der Londoner National Gallery hängt, soll ebenfalls aus seinem Besitz stammen. Allen derzeit bekannten Fällen ist gemein, dass die Werke unbekannt waren, bevor sie von Ruffini "entdeckt" wurden, und dass sich ihre Herkunft nicht über die 1990er Jahre hinaus zurück verfolgen lässt.

© SZ vom 20.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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