Kunstmäzen:Ganz oben

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Gespräch vor einem Monet: der Mäzen Hasso Plattner und die Museumsdirektorin Ortrud Westheider im Museum Barberini. (Foto: Martin Müller/imago images)

Der Unternehmer Hasso Plattner hat dem von ihm gegründeten Museum Barberini seine Impressionistensammlung überlassen, darunter allein 34 Werke von Claude Monet. Ein großer Bedeutungszuwachs für das Haus.

Von Johanna Pfund

Lange Zeit kannte man Hasso Plattner vor allem als Mitgründer von SAP, einem der wenigen weltweit führenden Softwarehäuser aus Deutschland. Auch als Mäzen kannte man ihn, etwa als Stifter des Hasso-Plattner-Instituts, das gemeinsam mit der Universität Potsdam die Fakultät für Digital Engineering bildet. Oder als Spender einer zweistelligen Millionensumme für den Wiederaufbau des Potsdamer Stadtschlosses, in dem nun der Brandenburger Landtag sitzt. Erst 2017, mit der Eröffnung des Museums Barberini am Alten Markt neben dem Stadtschloss, wurde offenkundig, dass sich Plattner für Kunst interessiert. Und keine vier Jahre später weiß man auch, wie sehr. Weitgehend unbeachtet von der Kunstwelt hat er eine mehr als 100 Werke umfassende Impressionistensammlung zusammengetragen. Von 7. September an ist sie dauerhaft im Barberini zu sehen; das Haus steigt damit in die obere Liga der Kunstmuseen auf.

Die Rede ist von insgesamt 103 Werken. Aus der Privatsammlung Plattners stammen 91 Bilder, die als Dauerleihgaben in Potsdam hängen werden, dazu kommen zwölf Gemälde, die der Hasso Plattner Foundation, der Trägerin des Hauses, gehören. Allein 34 Werke von Claude Monet befinden sich in dem Konvolut, und damit beherbergt das Haus an der Havel eine im weltweiten Vergleich große Sammlung des Künstlers. Das Metropolitan Museum of Art in New York beispielsweise zählt etwa 40 Monets in seinem Haus. Auch Monets Lehrmeister Eugène Boudin ist künftig mit mehreren Gemälden im Barberini präsent, ebenso Alfred Sisley. Als einzige Frau ist Berthe Morisot in der Sammlung vertreten. Eine Wiederentdeckung wert sind die kräftigen, energiegeladenen Bilder von Maurice de Vlaminck, dessen Werk weniger den Impressionisten als den Fauvisten - an der Schwelle zum Expressionismus - zugerechnet wird.

Gemeinsam ist den Werken die Motivwahl: Landschaften. Das gleißende Licht eines Wintertags, das Sisley eingefangen hat, die Spiegelungen des Palazzo Contarini in der Lagune Venedigs, die Monet auf die Leinwand übertragen hat, das Spiel des Winds mit Schiffen im Hafen, Signacs fein gepunktete Darstellung eines Segelboots - all diese Bilder zeugen davon, wie die Impressionisten, ihre Vorläufer und ihre Erben mit Licht und Farben im Freien experimentierten und ihnen nahezukommen versuchten. Barberini-Direktorin Ortrud Westheider ist dementsprechend begeistert: "Weltweit gibt es keine Sammlung, an der man die Geschichte des Impressionismus so konzise erklären kann."

Mit der neuen Sammlung ziehen 34 Monets in das Haus am Alten Markt

Dabei folgte der Sammler seinem Gespür, wie er Anfang des Jahres den Potsdamer Neueste Nachrichten in einem seiner höchst seltenen Interviews sagte, oder, wie Westheider erklärt: "Er hat sich immer auf sein eigenes Urteil verlassen." Vor 27 Jahren kaufte Plattner seinen ersten Monet, einen Getreideschober, oft Heuhaufen genannt. Der Kreis schloss sich im vergangenen Jahr: Ein Unbekannter ersteigerte für 110 Millionen Euro einen Monet, der eine Reihe von Getreideschobern im Licht der Abendsonne zeigt, die aus dem Gemälde heraus die Betrachter anstrahlt. Der Unbekannte war, wie sich Monate später herausstellte, Plattner, und er hat für das Gemälde mehr Geld bezahlt, als je für einen Monet ausgegeben wurde, mehr Geld, als die meisten Museen haben. In den Jahrzehnten zwischen dem Erwerb der beiden Getreideschober kaufte der Mäzen mal hier, mal dort, und er kaufte auch, was manche Museen auf den Markt brachten, wie er im Gespräch mit den PNN erzählte.

Der erste Getreideschober markiert auch den Beginn einer weiteren Leidenschaft, der Provenienzforschung. Der Mäzen hatte das Bild über die weltweit agierende Galerie Wildenstein erworben; die Familie hat schon vor Jahrzehnten das gleichnamige Institut in Paris gegründet, das zu einem der wichtigsten Archive französischer Kunst geworden ist. 2016 mündete die Zusammenarbeit zwischen Guy Wildenstein und der Plattner-Stiftung in das Wildenstein- Plattner-Institut mit Hauptsitz in New York, das vollständige Werkverzeichnisse von Künstlern anfertigt. Die jüngste Publikation ist die im Mai 2020 von Theodore Reff herausgegebene Briefsammlung von Edgar Degas.

Neben Impressionisten kaufte Plattner, der in Berlin geboren wurde, auch DDR-Kunst. Dieser widmete das Barberini vor zwei Jahren eine Ausstellung; nun soll die DDR-Kunst-Sammlung einen eigenen Platz bekommen im einstigen Terrassenrestaurant Minsk in Potsdam. Dieses wird derzeit umgebaut und bleibt in der Optik weitgehend erhalten. Auch ein Teil der Brunnenanlage soll rekonstruiert werden.

Den bislang lebhaften Wechsel an Ausstellungen im Barberini will Direktorin Ortrud Westheider beibehalten. Mehr Medien, eine neue Website, Online-Informationen zur Provenienz der Bilder, kurzum, auch eine intensivere Präsenz im Netz soll es geben. Als Leihgeber natürlich gewinnt das Barberini weiter an Kontur; kürzlich wurde ein Werk an die National Gallery in London ausgeliehen, wie Westheider erzählt. Und es ist angesichts der jetzt umfangreichen eigenen Sammlung nicht auszuschließen, dass künftig mehr Leihanfragen in Potsdam eintreffen. Bis dahin können sich Direktorin und Besucher an der Fülle von Monets, Caillebottes und Sisleys erfreuen. "Die Impressionisten sprechen alle Sinne an", so Ortheider. "Das ist auch das Moderne daran."

© SZ vom 04.09.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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