Kunst und Kino:Auch die Revolution hat ihre Tradition

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Eine Ausstellung in Florenz zeigt, wie viel der Filmemacher Sergej Eisenstein der Renaissance verdankt, insbesondere der Figurenauffassung Leonardo da Vincis.

Von Thomas Steinfeld

Sergej Eisenstein lässt sich von Leonardo da Vincis Mailänder „Abendmahl“ inspirieren und wirft eine Skizze auf den Vordruck einer russischen Amtsstube. (Foto: Katalog/Ufficio Stampa)

Als sich die Ritter des Deutschen Ordens in Sergej Eisensteins Film "Alexander Newsky" (1938) in breiter Front zur Schlacht auf dem Peipussee aufstellen, sieht man sie zuerst nur als Strich am Horizont. Unter ihnen zeigt das Bild einen schmalen Streifen Eis. Über ihnen erhebt sich ein gewaltig dräuender Himmel. Dann setzt sich das Heer in Bewegung. Die Kamera zeigt einmal die Ordensritter auf ihren Pferden, beide in weiße Umhänge gehüllt, dann die dunkel gekleideten russischen Fußsoldaten, die Truppen in der Totale, dann einzelne Krieger in Großaufnahme, im raschen Wechsel der Seiten, bis das große Gemetzel beginnt - an dessen Ende der Befehlshaber der Ordensritter geschlagen, aus dem Sattel gestoßen und gefangen genommen wird. Sergej Eisenstein war nicht der Erfinder der Montage als ästhetischer Technik, aber er entwickelte sie für den Film weiter und verwandelte sie in kinetische Energie. Der Eindruck kraftvoller Bewegung, den solche Sequenzen vermitteln, entsteht durch den Wechsel, durch das plötzliche Hin und Her von Szenen, die, jede für sich, in beinahe archetypischer Manier gestaltet sind - wobei nie ein Zweifel besteht, wer die Bösen und wer die Guten sind.

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