Kunst:Schwedische Abstraktion

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Nachkriegsmoderne. Abstraktion. Da denkt man an Namen wie Alexander Calder oder Lucio Fontana. Man denkt eher nicht an Namen wie Richard Mortensen oder Ulf Trotzig. Eine Göteborger Schau möchte das ändern.

Von Johan Schloemann

Bevor manche von uns ihren nationalen Trieben freien Lauf lassen und brüllend verlangen, unsere anfangs noch zu zaghaften Spieler sollten jetzt bitte mal diese blaugelben Wikinger so richtig weghauen, sei hier kurz noch daran erinnert, dass es sich bei dem Gegner um eine respektable kleine Kulturnation handelt. Das kann man sich zum Beispiel in Göteborg ansehen.

Vor bald einhundert Jahren wurde die Hafen- und Kaufmannsstadt, die Metropole der schwedischen Westküste, um einen großzügigen Boulevard erweitert, "Avenyn" heißt er. An seinem oberen Ende thront eine Art Forum im Stil des skandinavischen Neoklassizismus, ein Platz, der die ganze Pracht öffentlicher Kultureinrichtungen vorführt; dazu gehört neben Konzertsaal und Theater auch die wunderbare Stadtbibliothek mit Designermöbeln und Sonnenterrasse, die, deutsche Kommunalpolitiker aufgepasst, in der Woche von 9 bis 21 Uhr, samstags und sonntags von 10 bis 18 Uhr geöffnet ist.

Den Abschluss dieses Platzes bildet Göteborgs Kunstmuseum. Und so wie draußen das gebaute Ensemble erfolgreich versucht, eine nordische Formsprache mit internationaler Anschlussfähigkeit zu verbinden, so geht es auch drinnen im Museum zu. Im obersten Geschoss kann man betrachten, wie sich die skandinavische Nationalromantik und die Pariser Moderne begegneten, dann arbeitet man sich über Altmeister-, Lokalkünstler- und Skulpturensammlung Treppe für Treppe hinab, bis man bei der zeitgenössischen Kunst angelangt ist.

Dort wird eine Ausstellung über die "universelle Sprache" der Abstraktion in der Nachkriegskunst gezeigt, die bis zum 11. November läuft. Auch hier ist der besondere Reiz, wie sich jene Sprache der Avantgarde in lokalen Dialekten ausdrückte: Man kann nun in Göteborg neben internationalen Abstrakten wie Alexander Calder oder Lucio Fontana ihre nordischen Kollegen entdecken, den Dänen Richard Mortensen etwa oder den etwas weniger bekannten Schweden Ulf Trotzig. Viele dieser Maler und Bildhauer, mal streng konkretistisch, mal expressionistischer, folgten der bis heute gepflegten schwedischen Tradition, auch Aufträge zur Gestaltung von öffentlichen Gebäuden zu übernehmen, so auch Lennart Rohde, dessen Bild "Rotor" von 1954 - gemalter Jazz, könnte man sagen -, hier abgebildet ist. Und nun zum schwedischen Schlachtruf: Heja Sverige!

© SZ vom 23.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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