Kunst:Münchner Comic-Wochenende

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Ist München mit dem Geschmack von Chlor endlich zu einer Hauptstadt der deutschen Comic-Kultur geworden?

Von Martina Knoben

Donald Duck, Asterix und das Marsupilami. Aber auch: der Massenmörder Haarmann (gezeichnet von Isabel Kreitz), die bewegten Männer von Ralf König oder Klaus Voormanns Erlebnisse mit den Beatles: München, ausgerechnet München, Comic-Diaspora im Vergleich zu Hamburg oder Berlin, wird an diesem Wochenende zu einem Zentrum der Neunten Kunst. Zwei Veranstaltungen gibt es gleichzeitig, das traditionelle Comicfestival, das alle zwei Jahre im Wechsel mit dem Comic-Salon Erlangen stattfindet, und - erstmalig in München - die German Comic Con im MOC Veranstaltungscenter.

Rund 15 Kilometer liegen zwischen den beiden Ausstellungsorten und gleichzeitig Welten. Zwischen 20 und 45 Euro kostet auf der Comic Con ein Foto oder Autogramm von Stars wie Robin Lord Taylor ("Gotham") oder "Highlander" Christopher Lambert. Hier treffen sich auch Cosplayer, Menschen, die sich als ihre Lieblingsfiguren aus Manga, Film oder Computerspiel verkleiden. Der Trend kam mit dem Manga- und Animeboom in den Neunzigern aus Japan.

Auch das Münchner Comicfestival ist ein Fan-Treffen. Wenn die Kassen öffnen, stehen sie schon mit ihren Rollkoffern an, um sich Bände verehrter Künstler signieren zu lassen. Eine von Disney-Zeichner Ulrich Schröder routiniert getuschte Zeichnung von Onkel Dagobert im Geldbad aber kostet hier nichts, nur ein bis zwei Stunden Wartezeit. Vor allem aber dreht sich hier wirklich alles um Comics, die bei den "Cons" kaum mehr als den Namen liefern. Fans, Verlage und Künstler treffen in immer noch recht familiärer Atmosphäre zusammen. Zu den Stargästen zählen in diesem Jahr Terry Moore ("Strangers in Paradise"), Peter Kuper ("MAD", "Die Verwandlung", unsere Abb.), Bastien Vivès ("Der Geschmack von Chlor") oder der Underground-Zeichner, Autor und Verleger Denis Kitchen.

Vom Boom der Graphic Novel, der Neunten Kunst überhaupt, ist immer wieder die Rede; tatsächlich ist in der Branche noch viel Idealismus im Spiel. An einigen Messetischen zeigen Künstler selbst ihre Werke - eine Chance, Arbeiten zu entdecken, die sonst kaum öffentlich zu sehen sind. Seit das Comicfestival in der Alten Kongress- halle eine großzügige Örtlichkeit gefunden hat, präsentieren sich Indies und Verlage wie Carlsen, der auf der Messe sein 50-jähriges Bestehen feiert, unter einem Dach.

© SZ vom 27.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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