Kunst:Mädchen mit Maschinenpistole

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(Foto: Wiener Städtische Versicherung)

Der Künstler Gottfried Helnwein hat in Wien eine Fassade mit dem Bild einer Scharfschützin versehen und sorgt für einen Skandal.

Von Peter Münch

In den Strandbars am Wiener Donaukanal wird gern das lässige Leben zelebriert, derzeit trinkt man dort seinen Aperol Spritz allerdings im Visier einer Scharfschützin. Die Fassade des am Ufer aufragenden Ringturms zeigt hochhaushoch das Bild eines Mädchens mit Maschinenpistole im Anschlag. Die sommerliche Kunstaktion ist von Gottfried Helnwein gestaltet worden - und natürlich schon heftig umstritten, bevor sie überhaupt ganz fertiggestellt ist.

"I saw this" lautet der Titel dieses Werks von gigantischem Ausmaß: Auf insgesamt 4000 Quadratmetern Fläche wird von Mitte Juni an die Konzernzentrale des Wiener Städtischen Versicherungsvereins komplett umhüllt sein. Vorn zum Kanal hin ist bereits das blonde Mädchen zu sehen, die Rückseite zeigt eine lichterloh brennende Stadt. Gedacht ist das als flammender Appell gegen Gewalt, Terror und Krieg. Gegen allfällige Kritiker in diversen Foren, die sich an der Grausamkeit des Gezeigten stoßen, wehrt sich Helnwein mit einem Hinweis auf Hieronymus Bosch und Goya. Er habe noch nie einen Menschen gesehen, der bei der Betrachtung von deren Bildern depressiv geworden sei, erklärte er. "Durch die Kunst verliert der Tod seine Macht. Die Unentrinnbarkeit des Schreckens wird durch die Ästhetik transzendiert."

Helnwein lebt schon seit Längerem in Irland und Los Angeles, geboren aber wurde er 1948 in Wien als Sohn eines Postbeamten. Berühmt wurde er mit hyperrealistischen Bildern, die oft den Schmerz verwundeter oder missbrauchter Kinder zeigen. Seine ersten Wiener Ausstellungen in den Siebzigerjahren sorgten für Skandale, Bilder wurden zerschlitzt oder von der Polizei beschlagnahmt. Den Initiatoren vom Versicherungsverein dürfte also bewusst gewesen sein, dass diese Kunstaktion polarisieren wird. Der Vorstandsvorsitzende Günter Geyer zeigt sich dennoch "sehr einverstanden, dass Gottfried Helnwein so ein Thema aufs Tapet bringt". Und der Künstler selbst lässt von Los Angeles aus über ein Interview im Standard mitteilen: "Wenn Ihnen ein Kunstwerk nicht gefällt, schauen Sie einfach nicht hin."

© SZ vom 02.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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