Kunst im öffentlichen Raum:Die Bohne wird rausgeschnitten

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Anish Kapoors Skulptur "Cloud Gate" im Millennium Park in Chicago. (Foto: SCOTT OLSON/AFP)

Anish Kapoor außergerichtlich erfolgreich: Die National Rifle Association entfernt sein Kunstwerk aus einem Werbe-Clip.

Von Catrin Lorch

"Wird sind hocherfreut, unseren Sieg über die N.R.A. verkünden zu können", heißt es in einem Statement des Briten Anish Kapoor. Damit enden die Auseinandersetzungen des Künstlers mit der amerikanischen National Rifle Association (NRA), dem Verein der amerikanischen Waffenlobbyisten. Der hatte im Jahr 2017 die Kapoor-Skulptur "Cloud Gate" zusammen mit anderen Denkmälern und Wahrzeichen in einem Video mit dem Titel "The Violence of Lies" ("Die Gewalt der Lügen") gezeigt, in dem er um Mitglieder warb und gleichzeitig die US-Medien attackierte.

Als Reaktion darauf veröffentlichte Kapoor zunächst einen Brief, in dem er die NRA aufforderte, die nicht autorisierte Abbildung von "Cloud Gate", das im Jahr 2006 fertiggestellt wurde, nicht mehr zu verwenden, weil die Werbung "Angst und Hass" verbreite und "Impulse von Paranoia und Gewalt" schüre (SZ vom 21.6.2018). "Die Shootings in Florida, Las Vegas, Texas und in zahlreichen anderen Orten machen es dringender denn je, dass diese Organisation verantwortlich gemacht wird für ihre fortgesetzte Angst- und Hasskampagne."

Im Juni hatte er dann Klage bei einem Gericht in Chicago gegen die nicht mit ihm abgesprochene Verwendung von Bildern seines Kunstwerks eingereicht und gefordert, dass die Aufnahmen der Skulptur aus dem Clip herausgeschnitten werden.

Der Fall ist kompliziert, nicht nur weil das 110 Tonnen schwere Werk als öffentliche Skulptur im Millennium Park aufgestellt ist: Die NRA argumentierte, dass man Bilder von Kunstwerken im öffentlichen Raum durchaus verwenden könne, und beantragte zudem eine Verlegung des Falls an ein Gericht in Alexandria in der Nähe ihres Hauptquartiers. Des Weiteren hieß es, Kapoor versuche mit seiner Klage, das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung zu beschneiden, "weil er offensichtlich mit der von uns verbreiteten Botschaft nicht einverstanden ist". Hätte sich ein Gericht nun zugunsten des 64-jährigen Künstlers entschieden, hätte sich die Rechtslage in Bezug auf Kunst im öffentlichen Raum entscheidend verändert.

Anish Kapoor hat die NRA auch nicht vor Gericht geschlagen, sondern in einer außergerichtlichen Vereinbarung darauf verpflichtet, die Aufnahmen seines Werks aus dem Clip zu schneiden, die das höchst populäre, in der Öffentlichkeit als "Bohne" apostrophierte Kunstwerk zeigen. Die Waffenlobbyisten veröffentlichten jetzt auch ihrerseits eine Erklärung, in der sie darauf hinwiesen, dass die Klage des Künstlers jeder Grundlage entbehre: Man habe nur deswegen eingewilligt, die Aufnahmen aus dem Film zu entfernen, weil man sich die "Kosten und die Ablenkung" durch das Verfahren ersparen wolle. Der Künstler allerdings sieht das anders, feiert seinen "Sieg" und lädt in seinem Statement die NRA noch dazu ein, eine Million Dollar an die Opfer von Waffengewalt zu spenden. "Jetzt, wo sie in unsere Forderungen eingewilligt haben", so Kapoor, sollten sie sich auch in dieser Hinsicht einmal ehrenhaft verhalten.

© SZ vom 11.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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