Kulturfolger:Reh

(Foto: Imago/Blickwinkel/oh)

Von Rudolf Neumaier

Wie nur wenige andere Tiere, hat das Reh Künstler unterschiedlichster Disziplinen zu feinen Leistungen inspiriert. Franz Marc, der größte Rehverehrer des Expressionismus, malte es im Blumengarten, im Klostergarten sowie im Wald. Christian Morgenstern ließ die Rehlein zur Nacht beten und um 0 Uhr "die Zehlein" falten, womit er die zarten Hufe meinte. Und die Sex Pistols stellten im Jahr 1979 in einem Lied die eher rhetorische Frage, wer das Reh getötet habe ("Who killed Bambi?"). So schön es ist, so beliebt ist es als Kunstobjekt. Die Deutsche Wildtier-Stiftung hat das Reh nun zum Tier des Jahres 2019 ausgerufen und die Beschäftigung mit ihm angeregt. Wer dem Aufruf folgt, erfährt Überraschendes: Dem Reh fehlen Schneidezähne im Oberkiefer, es verfügt über einen Pansen - und es gilt als "Kulturfolger". Es ist zwar zu scheu, um in die Oper zu gehen. Doch wahrscheinlich interessiert es sich fürs Feuilleton.

© SZ vom 01.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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