Konzerte:Zweierlei Drei

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Nah am Zeitgeist: Martin Tingvall (Mitte) mit Omar Rodriguez Calvo (links) und Jürgen Spiegel. (Foto: Steven Haberland)

Die Trios der wegweisenden Jazz-Pianisten Martin Tingvall und Cornelius Claudio Kreusch im Nightclub des Bayerischen Hofs

Von Oliver Hochkeppel

Wie im Jazz Tradition in Innovation übergeht und der eigene Dialekt in eine universelle Musiksprache mündet - das kann man jetzt im Nightclub des Bayerischen Hofs an zwei Abenden hintereinander erleben. Bei zwei ganz unterschiedlichen, aber, was das oben Erwähnte angeht, auch wieder ganz ähnlichen Klaviertrios.

Das erste wird vom schwedischen Pianisten Martin Tingvall geleitet, der aber seit langem ein fester Bestandteil der Hamburger Musikszene und von dort aus einer der erfolgreichsten Jazzer Europas geworden ist. Mit seinen Solo-Alben - das dritte "The Rocket" wird im Juni erscheinen -, vor allem aber seinem Tingvall Trio im Gespann mit dem aus Kuba stammenden Bassisten Omar Rodriguez Calvo und dem deutschen Schlagzeuger Jürgen Spiegel. Drei Jazz Echos, jeweils ein Jazz Award (für mehr als 10 000 verkaufte Exemplare) für die sechs Studioalben, Auftritte bei allen wichtigen Festivals und höchste Plätze in den Jazz- wie Pop-Charts sind Beleg für den Anklang, den diese Band bei Kritik wie Publikum findet. Das Erfolgsrezept liegt in der persönlichen Ausdeutung des musikalischen Zeitgeistes. In einer Musik, die den Paradigmenwechsel durch das Esbjörn Svensson Trio zur Kenntnis genommen hat, damit aber auf seine Weise umgeht. Die mit elegischem Unterton, gewaltigem Groove und beachtlicher Finesse die Qualitäten von skandinavischem Folk, amerikanischem Jazz und mitteleuropäischer Klassik kreuzt - und dabei die Kraft und Klarheit gerader Rock-Rhythmen nicht verschmäht.

Einen anderen Weg ist der Münchner Pianist Cornelius Claudio Kreusch gegangen, der am folgenden Abend auftritt. Seine prägende Erfahrung ist das Studium am Berklee College of Music, der weltgrößten Musik-Kaderschmiede, an der sich Studenten aller Länder zunächst am amerikanischen Jazz abarbeiten. So ist auch in Kreuschs Musik, so viele vor allem weltmusikalische Einflüsse sie auch verarbeitet, die DNA des klassischen amerikanischen Bebop und Modern Jazz nicht zu überhören. Schon vor und während des Studiums (wo er auch beim legendären Charles-Mingus-Pianisten Jaki Byard Unterricht nahm) gewann Kreusch Preise, anschließend machte er mit Alben wie "Scoop" (seinerzeit die erfolgreichste Jazzplatte in Deutschland), "Black Mud Sound" (für den Grammy nominiert) oder "Live At The Steinway Hall" international Karriere. Jahre lang lebte er in New York und arbeitete mit Stars wie Kenny Garrett, Bobby McFerrin, Will Calhoun, Bobby Watson, Terri Lyne Carrington oder Salif Keïta.

Energiegeladen und immer auf der Suche nach Neuem betätigte sich Kreusch danach auf vielen Baustellen des Musikgeschäfts, als künstlerischer Leiter von Festivals und Reihen, Studiobetreiber und Schöpfer des Internet-Dienstleister- und Vertrieb-Labels "MusicJustMusic". Das überdeckte eine Zeit lang etwas den Pianisten Kreusch. Jetzt aber ist er wieder voll da. Wie die Reise in die groovenden Rhythmen der Welt und in den Strudel spontaner Einfälle beweisen wird, die er im bayerischen Hof mit seinem "Afro-Jazz-Funk-Power-Trio" mit dem aus Französisch-Guyana stammenden Bassisten Zaf Zapha und dem italofranzösischen Schlagzeuger Maxime Zampieri unternimmt.

Tingvall Trio , Dienstag, 30. April; Cornelius Claudio Kreusch Trio , Mittwoch, 1. Mai, 21 Uhr, Nightclub im Bayerischen Hof, Promenadeplatz 2

© SZ vom 29.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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