Konzerte:Zuhören statt zappeln

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Mit großer Leichtigkeit verbindet Habib Koité die Musiktraditionen seiner Haimat Mali mit dem Sound anderer Popwelten. (Foto: Bayerischer Hof)

Tanzverbot beim Afrika-Festival - aus der Not wird eine Tugend

Von Ralf Dombrowski, München

Man hätte sich ärgern können. Aber am Ende stellte sich die Beschränkung als Bereicherung heraus. Denn sowohl am Buß- und Bettag, als auch am Totensonntag untersagt der Gesetzgeber Tanzveranstaltungen, was für ein Afrika-Festival durchaus ein Problem darstellen könnte. Im Night Club des Bayerischen Hofs wurde aus der Not eine Tugend gemacht. Das Sextett Mokoomba aus Simbabwe etwa nahm in der zweiten Konzerthälfte, wo üblicherweise das Publikum kaum noch halten ist, seine Afro-Fusion zurück und ging zu A-Capella-Versionen seiner Stücke über, deren Intensität weit über das Party-Verständnis hinaus ging. Habib Koité und die fünf Musiker seiner Band Bamada wiederum spielten kurzerhand im Sitzen und präsentieren ihre Musik auf diese Weise zwar nicht eingebremst, aber mit einer Haltung, die eher zum Zuhören als zum Zappeln anregte. Während der drei anderen Tage schließlich gab es keine Einschränkungen, und so konnten der Sänger Adjiri Odametey aus Ghana, das mit viel Perkussion arbeitende Ensemble des Balafonisten Mamadou Diabaté aus Burkina Faso und die Bantu-Afro-Soul-Combo des in München lebenden Kameruner Percussionisten Biboul Darouiche ihre Programme so mitreißend gestalten, dass sich die Tänzer im Publikum frei ausleben konnten.

Das war zwar ein Ziel des Mini-Festivals "Afrika im Bayerischen Hof", aber es passte der künstlerischen Leiterin Katarina Ehmki auch ins Konzept, die Musik ihrer Gäste aus unterschiedlichen Perspektiven zu betrachten. Denn die kompakten thematischen Konzertballungen, die sie mehrfach im Jahr etwa auch mit dem Jazzsommer oder der New-York-Reihe kuratiert, sind die Schmankerl im Veranstaltungskalender des Night Clubs und dürfen daher deutlich über das Ziel der Unterhaltung von Hotelgästen hinausreichen.

Künstler wie Habib Koité zeigen dann auch, mit welchem Charme und welcher Leichtigkeit die Traditionen seiner Heimat sich mit dem Sound anderer Popwelten verbinden lassen. "Wenn wir aus Mali verreisen, kommen wir meistens bis Paris", sagte Koité. "Wer sich wirklich weit auf den Weg macht, schafft es bis New York. Wir aber sind in L. A. gelandet." Und dann erzählt er von Freunden wie Jackson Browne oder Bonnie Raitt und widmet ihnen ein Stück, in das er ein Banjo als Verweis auf den Country-Sound ebenso wie eine dezente Prise Afro-Salsa einbaut. Während des ganzen Abends kann man den Schalk in der Musik spüren, der dem Sound von Bamada seine Leichtigkeit gibt.

Zugleich sind Lieder wie "Soô" auch eine Beschwörung des Menschlichen aus der Perspektive eines geplagten Landes, dem an vielen Stellen der Frieden und die Verankerung in der eigenen Identität abhanden zu kommen droht. Auch das ist Teil der Botschaft, die Koité seinen Zuhörern mit auf den Weg geben will. Und das wiederum passt gut zu einem Konzert am Totensonntag, an dem den Grenzen des Daseins gedacht werden soll.

© SZ vom 28.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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