Konzert:Wiedererwacht

Lesezeit: 1 min

"Kings of Leon" gastieren in der Olympiahalle

Von Tilman Waldhier, München

Um Punkt neun Uhr Abends fängt das große Herz an zu schlagen. Dargestellt auf den vielen Megabildschirmen rund um die große Bühne erfüllt sein lautes Pochen die Olympiahalle. Der Vorhang lüftet sich, die Band setzt ein, großes Gekreische. Die Kings of Leon leben noch. In den letzten Jahren hatte der Ruf der US-Band gelitten. Eine mit der Begründung "Stimmprobleme" abgebrochene Tour im Jahr 2011 war wohl auf bandinterne Streitereien zurückzuführen, kurz darauf wurden Alkoholprobleme von Sänger Caleb Followill publik - die Band brauchte einen Neustart. Die neuen Veröffentlichungen blieben jedoch hinter den Erwartungen zurück, die Kritiken waren durchwachsen.

Wenn Caleb im Opener mit Inbrunst und Engagement singt "don't say it's over", klingt das dann fast schon wie eine flehentliche Bitte ans Publikum. Dass es ganz und gar nicht "over" mit den Kings of Leon ist, bekommen die 9 000 Zuschauer während der folgenden eineinhalb Stunden zu spüren. Die Band spielt viele Nummern aus dem letzten Album "Walls", die sich beim Publikum noch etablieren müssen. Beim ersten großen Hit "Sex on Fire" jedoch erwacht die Halle, auch auf den Rängen springen alle Zuschauer auf, verwandeln sich in einen engagierten Laienchor. Jedes der Bandmitglieder spielt seine besondere Rolle. Keine ist aus dem Bandgefüge wegzudenken. Schlagzeuger Nathan ist der Kumpeltyp, der gigantische Kaugummiblasen vor der Live-Kamera platzen lässt. Gitarrist Matthew sorgt für die nötige Portion Rock'n'Roll und die physische Präsenz der Band. Und Frontman Caleb? Ist so gar nicht der draufgängerische Stimmungsmacher. Durch seine introvertierte und zurückhaltende Art wirkt er dafür sehr authentisch. Er blüht auf, wenn er singt.

Der letzte Eindruck des Abends ist ein wenig unglücklich: Die Band beendet ihren Song, wirft Sticks und Plektren ins Publikum, verschwindet hinter der Bühne - und kommt nicht wieder. Band weg, Licht an, Konzert aus. Keine Zugabe. Es gibt Pfiffe, viele Zuschauer verlassen enttäuscht die Olympiahalle. An einem eigentlich wunderbaren Abend.

© SZ vom 16.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: