Konzert:U-Bahn-Wunder

Der New Yorker Selfmade-Sänger Mike Yung im Strom

Von Jürgen Moises

Ein leicht untersetzter Mann Mitte 50 mit weißer Baseball-Kappe, ausgebeulten Jeans, einem blau-weiß gestreiften Shirt und weißen Turnschuhen steht in einer U-Bahn-Haltestelle und singt. Beim Singen gestikuliert er etwas ungelenk mit seinen Armen, läuft ein paar Schritte auf und ab. Und während sich die Kamera hin und her bewegt, sieht man einen jüngeren Mann mit einer elektrischen Gitarre daneben sitzen sowie ein junges Paar, das den Musikern zuhört. Ansonsten gehen vereinzelte Passanten vorbei, die von der Musik aber nicht wirklich Notiz nehmen. Zumindest zu diesem Augenblick. Denn vielleicht haben sie inzwischen - so wie Millionen andere - dieses im September 2016 aufgenommene Video im Internet angeschaut und sich dabei gedacht: Dieser eher unscheinbare, afroamerikanische Mann, der hier "Unchained Melody" von den Righteous Brothers in der New Yorker U-Bahn singt, hat eine großartige Stimme.

Konzert: Späte Karriere: Der Sänger Mike Yung startet gerade durch.

Späte Karriere: Der Sänger Mike Yung startet gerade durch.

(Foto: Theese An Martin)

Oder sie haben Mike Yung, wie der New Yorker U-Bahn-Sänger heißt, ein paar Monate später im US-Fernsehen in der "Late Late Show" mit James Corden gesehen. Oder in der Sendung "America's Got Talent". Dort ist Yung, der 38 Jahre lang in den U-Bahn-Stationen gesungen hat, dank des viral gegangenen Videos gelandet und hat es immerhin ins Halbfinale geschafft. Am Mittwoch, 13. Februar, steht der 58-Jährige auf seiner ersten Europatour nun im Münchner Strom-Club auf der Bühne. Und es scheint so, als hätte Mike Yung, ganz ähnlich wie vor ein paar Jahren der Soul-Sänger Charles Bradley, nun doch noch seine späte zweite Chance bekommen. Denn tatsächlich hatte der Sänger schon mit 14 seinen ersten Plattenvertrag, sollte mit Etta James und Luther Vandross zunächst für RCA und dann T. Electric ein Album aufnehmen. Aber das Label ging bankrott, und das war es dann für mehr als 40 Jahre mit der Schallplattenkarriere.

Nun ist mit "Never Give Up" das Debütalbum von Mike Yung in Planung. Aber, da hört das Märchen fast schon wieder auf: ohne Label, ohne Plattenvertrag. Stattdessen hat der Sänger, der mit seiner U-Bahn-Singerei fünf Kinder durchgebracht hat, mit seinem neuen Manager einen Kickstarter-Aufruf gestartet. Knapp 90 000 Dollar haben sie inzwischen zusammen, was für die Aufnahme von fünf oder sechs Songs reicht. Aber die Hoffnung ist, dass es mindestens 125 000 und damit genug für ein komplettes Album werden. Weil, so steht es auf der über "Mike Yung" und "Kickstarter" leicht zu findenden Internetseite als "brutale Realität" zu lesen, nur ein richtiges Album die Wende bringen wird.

Mit "Alright" ist dort auch der erste selbstgeschriebene Song von Yung zu finden. Eine soulige Durchhalte-Hymne, in der er mit seiner warmen Baritonstimme singt: Ganz egal, ob man sich am Boden und alleine fühlt, am Ende wird doch alles gut werden.

Mike Yung, Mittwoch, 13. Februar, 21 Uhr, Strom, Lindwurmstraße 88

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