Konzert:Rembetiko wird Rock

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Sehr griechisch: "The Grexits" stellen ihr Debüt-Album vor

Von Dirk Wagner, München

In der Favorit Bar lässt Nikos Papadopoulos als DJ schon auch mal griechische Rockmusik zwischen den bewährten anglo-amerikanischen Underground-Schallplatten erklingen. Dass seine griechischen Helden eines jugendkulturellen Widerstands hierzulande beinahe unbekannt sind, sagt viel aus über ein gemeinsames Europa. In dem wird die griechische Musik nur allzu oft auf den Rembetiko reduziert, mit dem bevorzugt griechische Restaurants beschallt werden, ohne dass die Gäste ahnen, von welchen Drogen- und Prostitutionshöllen hier gesungen wird.

Davon ahnen wahrscheinlich auch die Gäste in der Taverne in Angela Milonakis 2007 gedrehtem Kurzfilm "Bach & Bouzouki" nichts, in dem Papadopoulos mit seiner Rembetiko-Gruppe Mourmourakia für die Hintergrundmusik sorgt. Der ebenfalls in München lebende Physiker, Schallplattenhändler und Tausendsassa Christos Davidopoulos lud die Rembetiko-Formation 2013 in die Milla zur Benefizveranstaltung "Highway to Hellas" zugunsten einer griechischen Sozial-Klinik für Patienten ohne Krankenversicherung. Papadoupolos spielte dort erstmals mit seiner neuen Band The Grexits, die den Rembetiko als zeitgemäße Rockmusik zelebriert. Ohne Bouzouki, dafür mit einer Besetzung, die die Crème des hiesigen Undergrounds vereint. Majmoon-Chef und Zwinkelman-Gitarrist Josip Pavlov am Schlagzeug, Daniel Murena am Bass, und Echokammer-Produzent Albert Pöschl an der Gitarre.

Aus deren Surf-Punk mit der Attitüde der Misfits behauptet Papadopoulos aber auch den Rembetiko, wie man ihn trunkener kaum noch überleben kann. "Meine Brust blutet, und mein Herz zerbricht, wenn ich den Muezzin bei Sonnenuntergang ,Ein Gott' singen höre", sang schon die griechische Sängerin Stella Haskil in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Ihr Hit "Bir Allah" wird von den Grexits auf deren bei Gutfeeling erscheinender LP regelrecht entstaubt, so dass er noch vollwuchtiger ins Gemüt der unglücklich Verliebten schlägt. Eigene Kompositionen wie Pöschls "Surfer Song" oder Papadopoulos' "Poli Kathari" fügen sich dabei ebenso nahtlos zu den gecoverten Stücke wie die griechischen Rocksongs.

Einer der Höhepunkte des insgesamt großartigen Debüt-Albums der Grexits ist allerdings die beste Coverversion des Beatles-Klassikers "A Hard Day's Night" seit Peter Sellers. Statt des Tristan-Akkords, der die Beatles-Version eröffnete, übersteuert nun ein erster Gitarrenakkord wie Klang gewordener Starkstrom-Smog, bevor Papadopoulos seine Stimme im Gesang respektive Geschrei nun überstrapaziert wie John Lennon einst bei der legendären "Twist And Shout"-Aufnahme der Beatles. Nach der soll Lennon seine Stimme restlos ruiniert gehabt haben, so dass eine zweite Aufnahme des Songs nicht mehr möglich war. Und genau so klingen die Grexits: kompromisslos, als ob es kein zweites Mal mehr gäbe.

The Grexits ; Freitag, 24. März, 20.30 Uhr, Westtor in Murnau; Samstag, 25. März, 20.30 Uhr, Import Export, Dachauer Str. 114

© SZ vom 24.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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