Konzert:Psychedelische Klangwelten

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Der Yoga-Lehrer und Musiker Gonjasufi kommt ins Feierwerk

Von DIRK WAGNER, München

Als würde Portishead einen von Screamin' Jay Hawkins gecoverten M.I.A.-Song remixen. So versuchte die britische Tageszeitung The Guardian vor Jahren das eigentlich unbeschreibliche, beim englischen Elektronik-Label Warp Records erschienene Debütalbum "A Sufi And A Killer" des US-amerikanischen Yoga-Lehrers, Sängers und Musikproduzenten Gonjasufi zu beschreiben. Natürlich könnte man dessen auffallend spannende Musik ob ihrer abenteuerlichen, geradezu hörspieltauglichen Klangwendungen auch als Kopfkino deklarieren. Allerdings würde man dann den Yogi im Künstler verkennen, der seine Musik ganzheitlicher begreift. Schon der Titel des 2010 erschienenen Debüts benennt nämlich zwei in Gonjasufi wirkende Persönlichkeiten, die er auch in seiner Musik nicht als Kontrahenten begreift. Tatsächlich müsse er nämlich auch den vom kultivierten Menschen gering geschätzten Killer in sich zulassen, da es ihn nun einmal gibt. Ihn zu leugnen, hieße, ihn zu stärken, sagt Gonjasufi, der das vermeintlich Böse und das vermeintlich Gute als zusammenwirkende Kräfte begreift, die jedem Menschen innewohnen. So wie Landwirte früher aus phytosanitären Gründen die übrig gebliebenen Stroh-Stoppel auf ihren Feldern nach der Ernte verbrannten, glaubt Gonjasufi noch an die Notwendigkeit der Zerstörung, um neues aufbauen zu können.

Das neue Album klingt nicht mehr ganz so außerirdisch

Gonjasufis drittes Studioalbum bei Warp Records heißt "Callus". Die Gefühlskälte, die der Titel benennt, ist, folgt man seiner Einlassung im ersten Stück, nur der Versuch, ein allzu großes Herz zu schützen. Und wieder überwindet der singende Yogi diese ganze Gefühlskälte nicht, indem er sie einfach hinter sich lässt, sondern indem er aufgeschlossen in sie hineinwächst. Begleitet wird er dabei vom einstigen Cure-Gitarristen Pearl Thompson. Und obwohl das neue Album Gonjasufis zugegebenermaßen längst nicht mehr gar so außerirdisch klingt wie das Debütalbum, ist es immer noch ein außergewöhnlicher Stilmix, der unter anderem auch den Blues neu belebt, ohne nur annähernd nach Blues zu klingen.

Statt seine Musik allzu ernüchternd auszuformulieren, belässt es der Kalifornier zumeist dabei, nur die Idee von einer Musik zu intonieren, die ihre Möglichkeiten mehr andeutet, anstatt sie aufwendig und dann doch unvollkommen zu verwirklichen. Mit knarziger Stimme gelingt dem Sänger, der scheinbar gar nicht singen kann, dabei ein Gesang, der dann aber genau wegen der prägnant brüchigen Stimme berührt. Der seine Hörer in eine psychedelische Klangwelt hineinzieht, wie sie auch ein Jimi Hendrix nicht farbenprächtiger hätte gestalten können. Die Dub-Elemente ebenso benutzt wie Trip-Hop- und Rock-Klänge. Und die damit Klangteppiche knüpft, mit denen frühere Progrock-Generationen gleich mehrere Zeitzonen überflogen hätten. Ein ausuferndes Stück wie "Maniac Depressant" - nicht zu verwechseln mit Hendrix' "Manic Depression" - endet bei ihm aber schon nach zwei Minuten. Als wollte der Künstler seine Hörer ermahnen: Zu spät, nächster Song! Um Gonjasufis Musik zu erleben, muss man sich also ohne zu zögern vom ersten Ton an auf sie einlassen.

Gonjasufi , Sonntag, 23. April, 21 Uhr, Feierwerk, Hansastraße 39

© SZ vom 20.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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