Konzert:Noch einmal Nostalgie

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Der bayerische Liedermacher Mathias Kellner hat ein neues Album in Mundart eingespielt. Nun stellt er "Tanzcafé Memory" im Lustspielhaus vor

Von Vivian Harris

Das Thema Vergangenheit beschäftigte den niederbayerischen Liedermacher Mathias Kellner bereits 2015. Da sang er auf seinem Konzeptalbum "Zeitmaschin" von seiner ersten Dorfdisco-Liebe und einem blauen Ford Fiesta. An die Geschichten aus seiner Kindheit und Jugend in Straubing knüpft der 34-Jährige jetzt mit "Tanzcafé Memory" an, seinem vierten Soloalbum in Mundart. Der Sound ist reduziert auf die Akustikgitarre und die volle Stimme des Singer-Songwriters, mit der er Alltagssituationen beschreibt, aber auch Ungewöhnliches. Da gibt es zum Beispiel Mutproben im Wald, aber auch unfreiwillige Drogentrips beim Pilze sammeln. Oder die verwöhnte Nachbarsgöre, über die Kellner im Einstiegssong "Zucker, Baby" singt.

Ganz gemütlich fängt die Platte an, mit mehrstimmigem Gesang, Banjo und ironischem Text: "Olle derf ma uns glücklich schätzn, dass du uns mit deim Dasei beehrst?" Ähnlich gemütlich geht es mit "Am Wossa g'baut" weiter - bis ein wildes E-Gitarrensolo, unterstützt von der eingängigen Melodie der Akustikgitarre, die Ruhe für einen kurzen Moment unterbricht. Eine Blues-Nummer hat es mit "Sysiphos" auch auf die Platte geschafft, ein ruhiger Folkpopsong mit "Sturm". Der zeichnet sich neben dem Harmoniegesang vor allem durch das Fingerpicking aus, mit dem Kellner in fast jedem der Songs experimentiert.

Erinnerungen an die Heimat: Liedermacher Mathias Kellner, der aus Straubing stammt. (Foto: Felix Birkenseer)

So auch in "Löwnzahn", wo er Vergänglichkeit als langen Sommer oder Wassertropfen skizziert. Kellner möchte sich auf seiner neuen Platte aber nicht nur sentimental zeigen. Er möchte auch mit dem Klischee der guten alten Zeit aufräumen - dafür lieber aktuelle Probleme thematisieren. Wie oder ob man mit der Präsidentschaft Donald Trumps musikalisch umgehen soll, darüber lässt sich streiten. Genauso lässt sich über die Originalität des Titels "Politika (Trumpeltier)" streiten. Origineller ist da die fast provokante Unbeschwertheit, mit der Kellner komisch-kritische Texte zu einer fröhlichen Ukulele-Melodie singt.

Diese unbeschwerte Art, Kellners tragikomische Erzählweise über sowohl nebensächliche Erlebnisse als auch skurrile Anekdoten, zieht sich durch das gesamte Album. Was für den einen belangloser Alltag sein mag, macht Mathias Kellner zum Motiv von "Tanzcafé Memory": "Es gibt Wurst und Kuacha so wie ollawei, und de Staubkörner tanzn, und da Dog geht ned vorbei", singt er zum Schluss, bei "De fadn Dog". Er zeigt, wie sentimental sich ein langweiliger Sonntagnachmittag im Dorf anhören kann. Und wie oft Nostalgie doch im vermeintlich Belanglosen steckt.

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Mathias Kellner: Tanzcafé Memory , Do., 11. Okt., 20 Uhr, Lustspielhaus, Occamstr. 8.

© SZ vom 11.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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