Konzert:Netter Kerl

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Joris begeistert in der Muffathalle 1500 Zuschauer

Von Xenia Schmeizl, München

Vor zehn Monaten hat Joris im Münchner Ampere das "Konzert seines Lebens" gespielt, "vor 450 feierwütigen Münchnern". So erzählt er es nun auf der Bühne der Muffathalle. Damals schien es ihm und seiner Band als ferner Traum, die Muffathalle voll zu kriegen. Als Joris am Sonntag tatsächlich in der brechend vollen Halle an der Isar steht und ungläubig in strahlende Gesichter blickt, schüttelt er den Kopf. Ist solche Rührung echt? Joris hält fassungslos die Hände vors Gesicht. Tränen rollen über die Wangen, er wischt sie mit dem Hemdsärmel weg und spricht mit zittriger Stimme ins Mikrofon: "Jetzt stehe ich heute hier, zehn Monate nach dem Auftritt im Ampere, und ich sage euch, fucking, ich liebe das, was ich machen darf. Ich bin euch so unglaublich dankbar, dass ihr alle da seid."

Ein Gänsehautmoment, den das junge Publikum mit lautem Jubel feiert. Joris, der letztes Jahr mit seiner Single "Herz über Kopf" aus dem Nichts die Charts und die deutsche Pop-Poeten-Szene aufmischte, hat zweifelsfrei Talent. Das beweist er auch an diesem Abend. Der 26-Jährige ist ja bekannt für grüblerische Texte zu eingängigen Harmonien. Die Songs bewegen sich ("Im Schneckenhaus", "Hollywood") irgendwo zwischen Liebeskummer, Schmerz und Selbstfindung. In "Feuerwerk" oder "Wie man es auch dreht" demonstriert der Singer-Songwriter aber auch viel Lebensfreude und Zuversicht. Eine ideale Mischung fürs Zielpublikum: Die Fans tanzen, hüpfen und singen lauthals jede Zeile mit. Was Joris musikalisch draufhat, zeigt er nicht nur mit gefühlvollem Timbre, sondern auch durch (vermeintlich) einfache und kluge Arrangements.

Knapp zwei Stunden dauert die Show, fast immer begleitet sich Joris neben seinem Quartett an Klavier oder Gitarre. Von der Schulter-OP im Dezember, wegen der Joris die Tour unterbrechen musste, ist nichts mehr zu merken: Bei "Hoffnungslos hoffnungsvoll" hopst er problemlos vom Klavier. Seinen Hit "Herz über Kopf" hebt sich Joris bis zum Schluss auf. Und erlebt ein Déjà-vu: allüberall feierwütige Münchner. Wie damals.

© SZ vom 15.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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